23.10.2013

Bulgarien 2013

Reisebericht unserer Rundreise durch Bulgarien im September 2013

Planmäßig landeten wir, zusammen mit unserem Archäologen und Althistoriker, Herrn Marion Becker, auf dem Flughafen der Hauptstadt Bulgariens, SOFIA, einer Stadt mit über 1 Mio. Einwohnern. Der Name der heutigen Stadt Sofia ist auf den ehemals thrakischen Ortsnamen Serdica zurückzuführen. 339 v. Chr. kam der makedonische König Philipp II. während seines Kampfes gegen die hellenistischen Stadtstaaten um die Vorherrschaft vorbei und eroberte die thrakische Siedlung. Nach der Schlacht von Chaironeia war das makedonische Reich gefestigt und Philipps Sohn, Alexander der Große, konnte seinen Siegeszug antreten. Die Blütezeit erlebte Serdica und dessen Umgebung unter Kaiser Trajan in den Jahren 98 bis 117. In jener Zeit erhielt Serdica auch das Recht, Münzen zu prägen. Im 4. Jh. entstand auf dem Fundament einer römischen Thermenanlage ein runder Kuppelbau mit einem Durchmesser von 10 m, einer Höhe von 14 m, einer Apsis, halbrunden Nischen und Vorbauten aus gebrannten Ziegeln, die Rotunde St. Georgi. Heute befindet sich ein großes Hotel in der Nähe.

Auf dem höchsten Punkt der Stadt Sofia wurde 1878 ein uns sehr beeindruckender Kathedralenbau in neobyzantinischem Stil begonnen, der 1924 geweiht wurde und 5000 Menschen Platz bietet, die Kathedrale Aleksander Nevski. Künstler aus ganz Europa waren bei dem Innenausbau und dessen Bemalung beteiligt.

Überrascht waren wir von den Fundstücken im Archäologischen Museum Sofias. U.a. von dem erst am 9.12.1949 entdeckten Goldfund aus Panagyurishte, der aus neun Teilen besteht und insgesamt 6 kg wiegt. Es handelt sich um ein Prunkgeschirr von außerordentlicher Schönheit in 23 Karat Gold hergestellten vier Rhytone, drei rhytonähnliche Kannen, ein Gefäß ist eine rhytonähnliche Amphora mit zwei Öffnungen und eine große flache Phiale, teils mit mythologischen Darstellungen aus der zweiten Hälfte des IV. bis zur ersten Hälfte des III. Jhs. v. Chr. 

Von Sofia fuhren wir teilweise über Landstraßen und Autobahnen in südlicher Richtung durch begrünte Landschaft, einer Schlucht am Talgrund entlang, der dicht bewachsen war, nur manchmal Ausblicke auf Felsformationen freigab, zum RILA KLOSTER, das im 1. Jh. von dem Eremiten  „Johannes von Rila“ gegründet wurde. Heute umfasst das Kloster 300 Mönchszellen, einen 23 m hohen Turm, einen Glockenturm und Gästezimmer. Die Kapelle ist mit kunstvollen Fresken ausgemalt.

Vom Rila Kloster gelangten wir durch das Tal der Mariza in östlicher Richtung über Samokov, Pazardzik nach PLOVDIV und hatten manchmal den Eindruck im Hochschwarzwald zu fahren. Plovdiv ist die zweitgrößte Stadt Bulgariens. In ihrer Vergangenheit trug sie mehrere Namen: PULPUDEVA unter den Thrakern, PHILIPPOPOLIS nach dem Stadtgründer Philipp II, unter den Römern wurde sie TRIMONTIUM bezeichnet und slawisch PULDEN genannt. Die Stadt wurde 72 v. Chr. von den Römern erobert und in die Provinz Macedonia eingegliedert. Durch ihre Lage an der wichtigen Römerstraße der Via Militaris, die über die Balkanhalbinsel nach Byzantion führte, erlangte Trimontium eine strategische Bedeutung. Sie hatte das Recht Münzen zu prägen. Die Römer bauten Straßen, öffentliche Gebäude, Tempel, ein Stadion und ein Theater. Der römische Historiker Ammianius Marcellinus erwähnte Trimontium als Stadt von großem wirtschaftlichen Reichtum und regem römischen Lebens. Durch Theater und Spiele zog es die Elite an. Wir besuchten das Antike Theater, das unter Kaiser Marcus Aurelius im 2. Jh. erbaut und auf 28 Rängen Platz für 3000 Zuschauer bot. Heute schaut man auf das dreistöckige Bühnenbauwerk, dessen Fassade in jonischen Säulen errichtet ist, eine Augenweide. Im Sommer finden hier regelmäßig Aufführungen statt.

Von Plovdiv fuhren wir in nordöstlicher Richtung auf der Bundesstr. Nr.64 nach KAZANLAK. Hier besichtigten wir eine thrakische Grabstätte mit einer bienstockförmigen Grabkammer, die erst 1944 entdeckt wurde und mit prachtvollen Wandmalereien ausgestattet ist. Das ist ein Grund für die Aufnahme in die UNESCO Weltkulturerbeliste.

Nach einer langen Busfahrt ist östlicher Richtung auf der Bundesstr. Nr. 6 erreichten wir NESSEBAR am Schwarzen Meer, eine im 6. Jh. v. Chr. gegründeten griechischen Siedlung mit dem Namen Mesambria. Nessebar liegt auf einer kleinen Halbinsel von 25 Hektar, die durch eine 350 m lange Landzunge mit dem Festland verbunden ist. Es gibt hier viele Kirchen und Kapellen aus Naturstein, Ziegeln und Keramikdekorationen, die zwischen dem 10. – 13. Jh. gebaut wurden.

Im Archäologischen Museum sind Grabstelen, Anker, Bronzearbeiten aus griechischer, römischer und byzantinischer Epoche zu sehen. Von Herrn Mario Becker wurden wir auf das in einer Vitrine ausgestellte und ganz seltene

„Megarisches Schüsselchen“ aufmerksam gemacht. Es handelt sich hierbei um ein Keramik Schüsselchen aus dem 3. Jh. v. Chr., das auf seiner Außenseite ein erhabenes Muster hat und noch keine Glanzschicht aufweist.

Es wurde im Rohzustand in einer Model gedrückt und danach gebrannt. Das Aufbringen des Tonschlickers (Engobe) ist in diesem Fall nicht vorgenommen worden.

Ebenfalls am Schwarzen Meer liegt VARNA, unser nächstes Ziel. Griechische Siedler gründeten die Stadt im 7. Jh. v. Chr. und nannten sie ODESSOS. Unter diesem Namen war sie auch zu thrakischer und später römischer Epoche bekannt. Kaiser Hadrian (76-138) ließ die große Therme bauen. Auch aus den Ruinen konnten wir die damalige Funktionalität erahnen. Im Archäologischen Museum erwartete uns der berühmte Goldschatz von Varna. Er besteht aus Grabbeigaben ab dem 5. Jahrtausend v. Chr., die man erst 1972 geborgen hat. Der ausgestellte Goldschmuck ist sehr detailreich und fein ausgearbeitet. 

Auf der Autobahn Nr. 2 fuhren wir in westlicher Richtung nach SUMEN und stiegen zum Felsrelief des Reiters von Madara aus dem 8./9. Jahrhundert empor. Südlich des Reiterreliefs, über viele Stufen erreichbar, sind einige der über 150 Höhlen an der Felsklippe zu sehen. Die Höhlen waren Wohnort der ersten Siedler und im Mittelalter wurden sie als Kloster genutzt. In der Großen Höhle finden im Sommer Konzerte statt.

Nach kurzer Busfahrt auf der Bundesstraße Nr. 2 in nordwestlicher Richtung gelangten wir nach RAZGRAD, dem römichen Abritus. Hier besuchten wir eine wunderschön ausgemalte Römische Grabkammer aus dem 4. Jh. Sie zeigt Fresken mit Jagdszenen, Tieren, Menschen und geometrischen Mustern.

In der Nähe befindet sich eine königlich thrakische Grabstätte von Svestari mit Karyatiden, die erst 1982 entdeckt und 1985 in die Liste des Kultur- und Naturerbes der Welt von UNESCO aufgenommen wurde.

Über Isperih fuhren wir nach SILISTRA, ein 29 n. Chr. von den Römern gegründeter Militärstützpunkt am Donaulimes mit dem Namen Durostorum.

Unser nächster Halt war in RUSE an der Donau gelegen mit schönen alten Wohnhäusern im neoklassizistischen Stil. Anschließend fuhren wir auf der Bundesstr. Nr. 5 südlich, in Richtung VELIKO TARNOVO um uns vorher

Nikopolis ad Istrum, eine unter Trajan 107 nach dem hippodamischen System errichtete Pflanzstadt mit ihren zahlreichen Säulen, Bögen, Grundmauern und Brunnen anzusehen. Wir liefen auf langen gepflasterten römischen Straßen und gewannen einen ungefähren Eindruck vom damaligen eleganten leichten römischen Leben der Oberschicht. Trajan ließ die Stadt nach dem Sieg über die Daker bauen. Ein großer Teil der Veteranen siedelte hier. Der Name der Stadt „Nikopolis ad Istrum“ wird abgeleitet von „Nike“ – Sieg, „Polis“ – Stadt, „Istrum" - "Ister" war die griechische Bezeichnung für den Fluss Donau, in dessen weiterem Umfeld diese Stadt liegt. Die Ausgrabungen gehen weiter und werden bestimmt noch interessante Artefakte zutage fördern.

Auf dem Weg zu unserem Abflughafen Sofia, über einen Gebirgspass und durch Gebiete mit sanft begrünten Hügeln, besuchten wir noch das Kloster Trojanski mit schönen Wandmalereien und bekamen interessante Eindrücke der einheimischen Architektur.