Zypern 2011
Insel der Aphrodite
In einem Mythos des zyprischen Sagenkreises wird berichtet, dass die große Göttin Aphrodite (Venus) einen jugendlichen Liebhaber - Adonis – hatte, der nach ihrer Umarmung – wie die Vegetation – stirbt und später wieder zum Leben zurückkehrt. Aus dem Blut des Adonis wuchs neues Leben, eine Rose, das Adonisröschen. In einer zweiten Version traf Aphrodite Adonis bei der Jagd und verführte den schönen Jüngling – Artemis und Ares waren jedoch eifersüchtig und schickten einen gefährlichen Eber, der Adonis tötete. Aus seinem Blut wuchs ein Adonisröschen. Der Sohn der Beiden hieß Golgos, der Gründungsheros der zyprischen Stadt Golgoi. Eine weitere Version des Gründungsmythos Zyperns ist bei Hesiod nachzulesen: Der Himmelsgott Uranus fürchtete, von seinen Kindern, den Titanen, entmachtet zu werden. So stieß er sie alle bis auf Kronos einfach wieder in den Bauch der Mutter Gaia (Erde) zurück. „Aber es stöhnte im Innern der riesigen Erde grambedrückt und sann auf böse, listige Abwehr. Sie formte eine gewaltige Eisensichel. Kronos sollte nun auf Geheiß der erhabenen Mutter Gaia Uranos kastrieren. Das geschah auch: Kronos hieb dem Vater die Geschlechtsteile ab und warf sie ins Meer. Dort trieben sie lange umher, bis aus unsterblichem Fleisch weißer Schaum (aphros) entstand, aus dem eine Jungfrau wuchs. Am Ende gelangte sie bis zur Insel Kypros, also Zypern. Die Schaumgeborene entstieg dem Meer. Ein Thema, was zahlreiche Maler und Filmproduzenten zum Anlass ihres Schaffens machten.
Die Insel Zypern hat ihren Namen von dem reichen Kupfervorkommen. Der lateinische Name cuprum für Kupfer wird abgeleitet von aes cyprium („zyprisches Erz“).
Zypern mit ihrer Hauptstadt Nikosia ist nach Sardinien und Korsika die drittgrößte Insel im Mittelmeer, „wo die Götter Urlaub machen“, wie in den Reiseprospekten geworben wird. Zum türkischen Festland sind es 65 km, nach Ägypten 360 km, nach Syrien 95 km und zum griechischen Festland ca. 830 km. Die Nähe zum Heiligen Land ließ in der Spätantike die Pilger zur See von Mitteleuropa aus oft auf Zypern Zwischenstation machen. Wir machen Station um zu erfahren, was so reizvoll auf der Insel ist und haben uns zusammen mit unserem Archäologen und Althistoriker, Herrn Mario Becker und der Frau Elena Tsolakki auf den Weg gemacht. Von Frankfurt am Main flogen wir nach Larnaka um von dort zu unserem Hotel in Lemesos gebracht zu werden. Von hier starteten wir unsere zahlreichen Ausflüge. Zunächst ins Troodos-Gebirge, einer waldreichen Gegend. Es liegt im südwestlichen Landesinneren der Insel. Die höchste Erhebung ist der Olympos mit 1.952 m. Das Troodos weist eine abwechslungsreiche Vegetation auf mit Aleppo-Kiefern, Zedern, Platanen und den endemischen Erlenblättrigen Eichen. Die Bergdörfer wie Agros, Nikitari beherbergen einige zum Weltkulturerbe der UNESCO gehörende einmalige Scheunendachkirchen mit zum Teil gut erhaltenen Fresken. Die ehemalige Klosterkirche Stavros tou Agismati, ebenfalls eine Scheunendachkirche, ist mit herrlichen Ikonen ausgemalt. Sie liegt 4 km nördl. von Platanistasa an der Landstraße Nr. 906.
An der Ostküste Zyperns befindet sich FAMAGUSTA, die zu römischer Zeit als AMMOCHOSTOS an Bedeutung gewann und die Bewohner von Salamis, nach Überfällen der Araber, mehreren Erdbeben und der Versandung ihres Hafens hierher umsiedelten. Von 1291 bis 1373 wurde die Kathedrale St. Nikolaos im Stil der französischen Gotik erbaut und hier fanden im 14. Jh. die Krönung der Lusignans zu Königen des untergegangenen Königreiches Jerusalem und Zypern statt. Eine gewaltige Festungsanlage wurde von den Venezianern um 1500 um die Stadt mit einer Länge von 3,5 km errichtet und ist noch gut erhalten.
Unser weiteres Interesse galt der Stadt SALAMIS, die nördlich von Famagusta liegt, den dortigen Königsgräbern, der Grabkammer in Form eines Tonnengewölbes aus dem 5. Jh.v.Chr. und den römischen und frühchristlichen Ausgrabungen, dessen Gymnasium, den Thermen, dem Theater und der Römischen Agora. Wir gewannen einen überwältigenden Eindruck von der damaligen Größe und Prächtigkeit der Bauten. Durch den seit 2.000 vor Chr. betriebenen systematischen Kupferabbau und dessen Handel war die Insel und dessen Bewohner nicht nur wohlhabend sondern Zypern wurde auch zum Streitobjekt zwischen Assyrern, Ägyptern und Persern. Zwischen 569-546 v.Chr. stand Zypern unter ägyptischer Herrschaft. Von 546-332 v.Chr. zählte es zum persischen Reich; erst Alexander der Große befreite Zypern von dieser Regierung. Doch nach seinem Tod fällt die Insel an die in Ägypten herrschenden Ptolemäer. Ab 58 v.Chr. bis 330 n.Chr. hatten die Römer das Sagen.
Wir besuchten das Kloster des Hl. Barnabas das 488 vom Bischof von Salamis an der Stelle der Auffindung der Gebeine von Barnabas errichtet wurde.
In CHIROKOITA besichtigten wir eine neolithische Siedlung in deren Mauern und Rundhäusern erste menschliche Spuren bis ins 7. Jahrtausend v.Chr. zurückreichen. Sie gehört zum UNESCO Weltkulturerbe.
NIKOSIA, die einzigste geteilte Stadt Europas, beherbergt ein Archäologisches Museum mit bemerkenswerten Exponaten u.a. den berühmten Torso der Aphrodite von Soli aus dem 1. Jh. v. Chr., ferner Halsketten wobei uns eine besonders gut gefiel: Es ist eine Arbeit aus der 2. Hälfte des 7. Jh. v. Chr. aus dem Larnaka-Distrikt mit 40 granulierten Goldlinsen und einem zylindrischen Anhänger aus Achat mit reich granulierten Kappen. Ein Meisterwerk der damaligen Goldschmiede. In einer anderen Vitrine stehen eine Auswahl manchmal lebensgroßer Terrakotten-Figuren aus dem 7./ 6. Jh. v. Chr. von der Insel Zypern u.a. Krieger, Priester mit Stiermasken und Sphingen. Ein weiteres Prunkstück dieses Museums ist ein 2m hohes Bronzestandbild des Kaisers Septimius Severus. Am Nachmittag besuchten wir eine restaurierte KARAWANSEREI, ein Relikt vergangener Zeit, in der man noch mit Kamelen und Maultieren auf Zypern gereist ist.
Ein von Archäologen ausgegrabenes Nymphäum von AMATHOUS, von dem aus Wasser zu den Wohnbezirken geleitet wurde und uns einen Eindruck der gewaltigen Baumaßnahmen der damaligen Zeit vermittelte, haben wir uns auf dem Gipfel eines Hügels, direkt am Meer, auf dem Weg zwischen Larnaka und Lemesos (Limassol) gelegen, angesehen und sind zu dem riesigen steinernen Mischgefäß auf den Gipfel gestiegen.
Eine weitere archäologische Perle bietet das Ausgrabungsfeld von KOURION, in der Nähe der heutigen Stadt Episkopi, westlich von Lemesos. Herodot (484 – 426 v. Chr.) berichtet nach griechischen und mythologischen Überlieferungen, dass die antike Stadt Kourion (lat. Curium) von achäischen Kolonisten aus Argos in der Peloponnes gegründet wurde. Töpferwaren und andere bewegliche Funde, zusammen mit einer allgemeinen Datierung der Architekturelemente deuten darauf hin, dass die spätbronzezeitliche Besiedlung im 16. Jh. v. Chr. begann und bis zum Hellenismus andauerte. Kourion besitzt ein Theater, dass auf einen hellenistischen Vorgängerbau zurückgeht. Es wurde zur römischen Kaiserzeit im 2. Jh. n. Chr. erbaut und konnte bis zu 3500 Zuschauer fassen. Bemerkenswert sind die Fußbodenmosaiken in den Häusern des Eustolio, das der Gladiatoren und das des Achill. 2km westlich von Kourion haben wir ein teilweise wieder aufgerichtetes Heiligtum des Apollo-Hylates, aus der frühen Kaiserzeit (um 1. Jh. n. Chr.)besucht. Der Beiname des Apoll „Hylates“ bedeutet „Beschützer der Wälder“ und sollte die holzliefernden Wälder auf der Insel beschützen denn Zypern exportierte Holz und war auch für seinen Schiffbau bekannt.
Ein weiteres archäologisches Prunkstück ist NEA-PAPHOS mit farben- und formenprächtigen Fußbodenmosaiken, die in den Häusern des Dionysos, des Aion, des Theseus und des Orpheus zu finden sind und die wir wiederum bewundert haben. Nea-Paphos war unter den Römern Hauptstadt von Zypern. Der römische Statthalter und die römische Oberschicht ließen sich hier prächtige Villen mit einzigartigen Mosaiken errichten. Ihr Wohlstand wurde auch im Totenkult ausgedrückt. Die Königsgräber, ein Peristylgrab, das in den Felsboden eingearbeitet wurde, ein „Haus“ mit Atrium, Säulen- oder Pfeilerumgang. Die Säulen tragen dorisches Gebälk, Architrav, Triglyphen und Metopen. Zurück ans Tageslicht und zur Sonne, die uns auf unserer Exkursion stetig begleitet und die Ausgrabungsfelder in goldenes Licht getaucht hat, können wir jetzt nachempfinden, weshalb Zypern die Insel genannt wird, „wo die Götter Urlaub machen“.