Sizilien 2012
Sizilien zwischen Antike und Mittelalter
Mit 25707 km² ist Sizilien die größte Mittelmeerinsel, auf der über 5 Millionen Menschen leben. In der Hauptstadt Palermo leben ca. 650000 Einwohnern, die nächstgrößte Stadt ist Catania. Der höchste Berg der Insel ist der Ätna mit 3330 Metern, der längste Fluss der Salso mit 144 Kilometern.
Sizilien hat eine lange Geschichte: Es sind Spuren jungzeitlicher Kulturen ab dem 6. Jh. v. Chr. und bronzezeitl. Kulturen nachgewiesen. Die phönizisch-punische Besiedlung erfolgte ab ca. 1000 v. Chr. im Westteil der Insel (Mozia, Palermo, Solunt, Marsala, Trapani).
Es folgte eine griechische Periode zwischen 735-212 v. Chr. und zu Koloniegründungen an der Ost- und Südküste (Naxos 735 v. Chr., Catania, Messina, Syrakus). Ca. 480 v. Chr. wird Syrakus die zweite Seemacht neben Karthago. 366 v. Chr. errang Syrakus die Vormacht im Mittelmeer.
Auch die Römer hatten ein Auge auf Sizilien. Schließlich wurde die Insel nach dem ersten Punischen Krieg (261-241 v. Chr.) zuerst im Westen Römische Provinz und nach dem zweiten Punischen Krieg (218-201 v. Chr.) auch im Ostteil römisch und zur Römischen Kaiserzeit war sie die Kornkammer des römischen Reiches.
Nach dem Toleranzedikt von Mailand 313 n. Chr. wurde die Stadt Syrakus Bischofssitz. Ab 395 zählte Sizilien zum Weströmischen Reich. 440 kommt es zur Eroberung durch die Vandalen und 493 durch die Ostgoten.
Es folgt die Byzantinische Periode 535-827. Justinian erobert 535 neben Italien auch Sizilien. Konstans II verlegt 663-668 den Regierungssitz von Byzanz nach Sizilien. Zwischen 827 – 1091 steht Sizilien unter arabischer Herrschaft. Die Normannen herrschten zwischen 1091 – 1194. Unter den Stauferherrschern gelangte Sizilien zwischen 1194 – 1268 wieder zur Blüte.
Im September 2012 sind wir mit einer Gruppe, unter der Führung des Archäologen und Althistorikers, Herrn Mario Becker, von Frankfurt am Main nach Catania geflogen und begannen unsere Exkursion zusammen mit Herrn Marcello Santoro in SYRAKUS mit seinen 120000 Einwohnern, die einst Zentrum der griechischen Welt war. Im Meer, vor der Halbinsel Ortygia, die mit Syrakus verbunden ist, entspringt die Arethusaquelle. Das Süßwasser fließt tatsächlich untermeerisch unter der Hafenbucht hindurch. Der Sage nach hat die Quelle ihren Namen von der Nymphe Arethusa und wurde in der Antike, wie alle Ströme, Teiche und Quellen kultisch verehrt. Ihr ist es zu verdanken, dass die Gegend mit dem nötigen Trinkwasser versorgt werden konnte. Auf den syrakusanischen Münzen war der Kopf der Arethusa eingeprägt und sie galten somit als die schönsten der Antike.
Einige Schritte weiter kommen wir zum Dom dessen Fundamente auf ein Athenaheiligtum aus dem 7. Jh. v. Chr. zurückgehen. Nach verschiedenen Zerstörungen, verursacht u.a. durch Erdbeben, wurde der Dom als frühchristliche Kirche umgebaut. Durch den Seitenausgang kommt man zur Nordseite der Kirche, an der sich die verschiedenen Phasen der Baugeschichte gut ablesen lassen: die Stufen des griechischen Stylobats, die dorischen Säulen und Kapitelle sind heute an der Hauptfassade und im Innenraum des Schiffes zu sehen, das Gebälk mit teilweise erhaltenen Triglyphen des Tempels, die Füllwände aus der Zeit des ersten Umbaus, das Portal aus der Renaissance und schließlich der schöne barocke Vorbau. Das 1988 erbaute Archäologische Museum zeigt neben zahlreichen griechischen und römischen Funden auch Zeugnisse vorchristlicher Kulturen auf Sizilien. Es ist eines der bedeutensten archäologischen Museen Italiens. Eine der Hauptattraktionen ist die Marmorstatue der Venus Landolina, die wir bewundert haben.
In CATANIA, der zweitgrößten Stadt der Insel, besichtigten wir das rekonstruierte Römische Theater, in dem einst 7000 Menschen Platz fanden und die Überreste des Römischen Amphitheaters. Die wenigen Reste zeigen eine für die Bauzeit (wahrscheinl. 2. Jh.) einzigartige Farbkombination des Baumaterials: Rote Ziegel, weißer Kalkstein und dunkler Basalt wurden hier verbaut.
Von Siracusa (der antiken Stadt Syracus) führt die Autobahn A 18 bis Gela in westlicher Richtung und von da befuhren wir die Hauptstraße Nr. 117 in nördlicher Richtung bis PIAZZA ARMERINA. Das kleine Bergstädtchen (690 m.ü.d.M.) wurde schon im 6. Jh.v.Chr. besiedelt und ist wohl wegen seiner römischen VILLA DEL CASALE, und deren gut erhaltenen 6000 m² Mosaikfußböden ein Hauptanziehungspunkt. Ungeklärt ist bis heute die Frage, ob die Villa die Sommerresidenz eines Kaisers war oder ob das Anwesen einem wohlhabenden Patrizier gehörte. Die prächtigen Bodenmosaiken zeigen große, figürlich szenische Darstellungen, mythologische Bildmotive und Szenen aus dem täglichen Leben und andere rein ornamentale Dekorationen.
Unsere Rundreise führte uns weiter nach Westen, nach AGRIGENT, dem ehemals griechischen Akragas. Wir besichtigten den archäologischen Bezirk, das „Tal der Tempel“, in dem meist noch gut erhaltene griechische Tempel, dorischen Stils, aus dem 5. Jh. v. Chr. zu finden sind und die von der einstigen Größe, Macht und kulturellen Blüte zeugen. Vor allem der Concordiatempel zählt zu den besterhaltenen Tempeln der griechischen Antike. 1997 erklärte die UNESCO die archäologischen Stätten von Agrigent zum Weltkulturerbe mit der Begründung, „dass Akragas eine der größten Städte der Antike im Mittelmeerbereich war und in einem außergewöhnlich gutem Zustand erhalten ist. Seine großartige Reihe dorischer Tempel ist eines der herausragendsten Denkmäler für die griechische Kunst und Kultur.“
Von dort aus ging die Fahrt nach SELINUNT. Die Stadt, wahrscheinlich um 650 v. Chr. gegründet, hat ihren Namen von dem ehemals reichlich wachsenden wilden Sellerie. Das Stadtgebiet von Selinunt wurde, was damals typisch für westliche Stadtneugründungen war, in geradlinige Straßen und regelmäßige Flächen geteilt.
Zwischen Marsala und Trapani liegt die ca. 45 ha große Insel MOZIA, eine phönizisch-punische Niederlassung aus dem 8. Jh. v. Chr. 1888 kaufte der Ornithologe und Weinhändler Joseph Isaac WHITAKER kurzerhand die Insel und war überrascht, neben seinen Beobachtungen der Vogelwelt auf eine alte Kultur gestoßen zu sein. Er errichtete ein kleines Museum, dessen Exponate wir betrachten. Zu dieser Sammlung gehört eine Marmorstatue, der „Jüngling von Mozia“. Es ist ein griechisches Werk ca. aus dem 5. Jh. v. Chr. und stellt einen jungen Mann in einem langen, anschmiegsamen Plisseegewand dar. Die Transparenz des Gewebes wird meisterhaft wiedergegeben und lässt seine athletische Muskulatur erkennen. Ein einzigartiges Exponat, was erst 1979 gefunden wurde.
Weiter ging es nach MARSALA (antiker Name „Lilybaeum“ d.h. “Ort der Stotterer“). Im dortigen Archäologischen Museum besuchten wir das berühmteste Exponat, ein erst in den siebziger Jahren gehobener Schiffsfund eines karthagischen Schiffes aus dem 3. Jh. v. Chr. und eine große Menge gut erhaltener Amphoren, neben Kleinfunden, aus der Umgebung.
Wir fuhren weiter nach SEGESTA, was von Trapani auf der Autobahn A 29 in östlicher Richtung zu erreichen ist. Hier befindet sich ein Heiligtum auf einem Hügel, das wahrscheinlich im 5. Jh. begonnen, aber niemals beendet wurde. Es fehlen noch die Cella und das Dach. Nur die 6 x 14 Säulen mit dem aufliegenden Gebälk wurden errichtet. Alle Bauteile tragen noch einen Kantenschutz, der erst nach Fertigstellung abgeschlagen worden wäre. Der Tempel von Segesta ist der einzigste Tempel auf Sizilien, der die Kurvatur des Stylobats an Schmal- und Längsseiten aufweist. Er ähnelt eher attischen Bauten und es ist zu vermuten, dass der Architekt vom griechischen Festland stammte.
Weiter ging unsere Rundfahrt nach PALERMO, der Hauptstadt der Insel an der Nordküste, die auch den wichtigsten Hafen der Insel besitzt. Der Name der Stadt wird abgeleitet vom Griechischen „Panormos“ (All-Hafen). Die Phönizier gründeten Palermo im 8. Jh. v. Chr. Eines der bemerkenswerten Sakralbauten Europas ist der Dom von Palermo in dessen Innenraum prächtig mosaizierte Darstellungen des Alten und Neuen Testaments gezeigt werden.
In MONREALE bewunderten wir den Kreuzgang des Doms mit seinen insgesamt 228 Doppelsäulen, die ein perfektes Quadrat umschließen und mit Mosaikbändern oder Zickzackkanneluren geschmückt sind. Über TINDARI mit dessen Resten eines Theaters aus griechischer Zeit (3. Jh.v.Chr.), das zur römischen Epoche in eine Arena umgebaut wurde, besuchten wir TAORMINA. Hier hat schon Goethe von dem antiken römischen Theater aus dem 2. Jh. v. Chr., das landschaftlich reizvoll gelagert ist, geschwärmt.
Mit einem Geologen sind wir auf den 3.400 m hohen Ätna bis zu einer Höhe von 1000 m gefahren und konnten den sich verändernden Vegetationsgürtel beobachten. Am Fuß des noch aktiven Vulkans gedeihen überwiegend Pflanzen, die ein warmes Klima bevorzugen. Über 800 m beginnt das Waldgebiet. Ab 2000 m gedeiht nur noch Gebüsch. Der Ätna hat eine Basisfläche von 1800 m² und einen Durchmesser von 42 km.
Auch die Liparischen Inseln wie Lipari, Stromboli und Vulcano sind vulkanischen Ursprungs. Wobei Vulcano und Stromboli zu den noch tätigen Vulkanen zählen, die wir mit einem Motorboot besuchten. Dem Vulcano entspringt eine Schlammquelle, in dessen biologisch reinen warmem Schlamm wir baden konnten.
Kurz vor unserem Abflug statteten wir einem Museum in CATANIA noch einen Besuch ab, in dem u.a. gut erhaltene griechische Vasen aus dem 4. Jh. v. Chr. zu sehen waren. Großartige Architektur aus längst vergangenen Epochen und wundervolle Natur werden uns in dankbarer Erinnerung bleiben.




