17.01.2013

Toskana 2013

Toskana und die Etrusker

Wir starteten vor der Unibibliothek und fuhren mit Herrn Mario Becker, Althistoriker und Archäologe, in Richtung Italien über Aosta, unserer Zwischenübernachtung, nach CERVETERI, 42 km westlich von Rom, an der Küste entlang. Die Stadt wurde von den Etruskern gegründet und hieß in der Antike Caere. Ihre Blütezeit war das 7. und 6. Jh. v. Chr. Sie war mit ihren drei Häfen eine bedeutende Handelsmetropole, Mitglied im Zwölfstädtebund mit engen Verbindungen zu Griechenland. Wohlhabend wurde das etruskische Caere durch den Export von Eisenerz. Eine besondere Bedeutung kam den Gräbern zu. Die Etrusker errichteten Rundgräber, die Tumuli, die anfänglich noch aus dem Tuffstein herausgeschlagen und mit Erde bedeckt und bepflanzt wurden. Später errichteten die Etrusker aus behauenen Steinen die Gräber, die wertvolle Aufschlüsse über die verlorengegangene Wohnkultur liefern. Wir besuchten die bekannte Banditaccia Nekropole. In POPULONIA, dem nächsten Ziel unserer Exkursion, besichtigten wir den Archäologischen Park und einige Gräber. Die dort bestatteten Angehörigen wurden – nach der damaligen Jenseitsvorstellung – mit Schmuck, Waffen, Gerätschaften für Speise und Trank für die Reise in die Unterwelt ausgestattet. Die Grabbeigaben, die wir im Museo Etrusco Guarnacci in VOLTERRA gesehen haben, geben Zeugnis von ihrer Kultur und ihrer hohen Kenntnis vom täglichen Leben. Aus Volterra stammt auch die 60 cm hohe bronzene Figur des Jünglings „Ombra della Sera“ (Abendschatten). Die antike Figur wirkt in ihrer extremen Schlankheit wie eine Arbeit moderner Kunst. Auch römische Zeugnisse gibt es in Volterra zu sehen: Das Teatro Romano mit 19 steinernen Sitzreihen und Platz für ca. 6000 Zuschauern aus dem 1. Jh. vor Chr. Die unmittelbar dahinterliegenden Thermen stammen aus dem 4. Jh. n. Chr. Immer noch gut zu erkennen sind die Umkleideräume, Kalt-, Lauwarm- und Warmwasserbecken. Der Stadt VULCI, die ab Beginn des 7. Jh. v. Chr. für ihre durch eingewanderte attische Handwerker inspirierte Keramikproduktion bekannt war, galt unser nächstes Interesse. Vulci war zusammen mit Chiusi in archaischer Zeit führend in der Herstellung von steinernen Grabskulpturen. Ca. 280 v. Chr. besiegten die Römer Vulci und schlossen einen Bündnisvertrag mit ihnen. Grundmauern und Straßenpflasterung einer reichen römischen Besiedlung konnten wir sehen.

Auch eine Art „Zahnprothese“, die mit Goldstreifen an Zähnen, wahrscheinlich aus Elfenbein oder Knochen, verbunden sind und lediglich das ästhetische Aussehen und die Verbesserung der Aussprache bewirkte, ohne dabei die Kauffunktion wiederherstellen zu können, haben wir in einer Vitrine betrachtet. Berühmt sind die geflügelten Pferde, ein keramisches Relief aus dem 4. Jh. v. Chr.

In der Monterozzi-Nekropole, am südlichen Stadtrand von Tarquina, sind über 6000 Grabkammern aus dem 6. – 2. Jh. v. Chr. in den Fels geschlagen wovon einige begehbar sind. In die Nekropole des „Leoparden“, die der „Stiere“, der „Lotosblumen“ und einige andere Gräber mit gut erhaltenen Fresken sind wir hinabgestiegen.

CHIUSI, dem etruskischen Clusium, zum Zwölfstädtebund gehörend, war damals von einem Mauerring aus großen Steinquadern umgeben. Zahlreiche etruskische Grabanlagen, in denen zum Teil guterhaltene Sarkophage im Originalzustand mit reich verzierten Deckeln, mit Darstellungen eines Gelages mit Bettliege, Matratze und Kissen konnten wir sehen. In der chiusiner Kultur bildete sich eine besondere Art der Ascheurne mit menschlichen Köpfen aus Terrakotta oder einer dem menschlichen Körper nachgebildeten Gestalt heraus, die „Kanopenurne“.

Aus Attika gelangten schwarzfigurige Vasen, darunter auch der berühmte Francois-Krater nach Chiusi. Die einheimische Produktion beschränkte sich auf die Bucchero-Keramik. Im 4. Jh.v.Chr. kam Chiusi auf friedliche Weise unter römische Herrschaft. Aus dieser Zeit stammen eine Menge römischer Büsten und Skulpturen, die wir im Museo Nationale Etrusco vorfanden.

Eine weitere etruskische, zum Zwölfstädtebund gehörende, Stadt ist ORVIETO, mit der etruskischen Bezeichnung Velzna. Die Römer nannten sie Volsinii. Im Archäologischen Museum fanden wir eine „Hüttenurne“ als Behälter für Kremationsreste der Etrusker aus dem 8. Jh. v. Chr., dem „Haus für die Ewigkeit“. Nach dem gleichen Modell bauten die Etrusker zu jener Epoche ihre Häuser, was belegt ist. Ein kleiner Spaziergang führte uns zu den Grundmauern eines  tuskischen Podium-Tempels  aus dem 5. Jh. v. Chr., dem Belvedere Tempel. Dieser Tempel mit seinem Treppenaufgang ist das älteste Beispiel, der nach architektonischen Grundsätzen erbaut wurde. (Vitruv: „Die Formgebung der Tempel beruht auf Symmetrie und Proportion. Nur wenn die Glieder, Anzahl, Dicke und Höhe der Säulen usw. in einem bestimmten Verhältnis zu einander stehen, erhält man eine vernünftige Formgebung“). Den schmückenden Giebelschmuck dieses Tempels, der aus farbig gefassten Terrakotta-Platten in Form von Palmetten mit figuralen Attributen bestand, sahen wir in Vitrinen des Archäologischen Museums von Orvieto. Die Erlebnistour ging weiter nach PERUGIA, der Stadt, in der etruskische Zeugnisse nur aus den Nekropolen gewonnen werden können, weil sie 41/ 40 v. Chr. durch einen Brand völlig zerstört wurde. Kaiser Augustus ließ die Stadt wieder aufbauen und gab ihr den Namen Augusta Perusia. In der Palazzone-Nekropole konnten wir eine Menge Asche-Urnen  verschiedener Familien aus der Gegend von Perugia, die zum Teil sehr schön reliefiert waren, ansehen. Zwischen dem 4. und 3. Jh. v. Chr. umgab Perugia ein Mauerring mit Toren. Einige davon sind heute noch zu sehen. Eine gut ausgebaute etruskische Zisterne mit einer Tiefe von 37 m und einer Breite von 5,60 m versetzte uns in Staunen über die damalige Baukunst.

Bevor wir mit einem Transportmittel unserer Zeit der „Mini Metro“, die vollkommen fahrerlos fährt, wieder zu unserem Bus gelangten, statteten wir der Basilica di San Pietro aus dem 1. Jh. mit Wandmalereien u.a. von Giorgio Vasari, schönen römischen Marmorsäulen und einer prächtigen Kassettendecke einen Besuch ab. Wir kamen ins reiche Florenz, dem Zentrum der Künste und des Humanismus. Hier regierten die Medici im 15. Jh. und förderten Wissenschaft und Kunst. Besonders unter dem glanzvollen Lorenzo il Magnificio (1449-1492). Florenz war auch die Heimat Dante Alighieris (1265-1321), des größten italienischen Dichters, bekannt u.a. durch seine Dichtung „Göttliche Komödie“. Das Universalgenie Leonardo da Vinci (1452-1519) wurde in Florenz ausgebildet. Michelangelo schuf hier die David-Statue.

Das Museo Archeologico Nationale in FLORENZ  wartete mit ungeahnten, prächtigen Schätzen auf uns wie die etruskische Bronze der berühmten Chimäre von Arezzo aus dem 4. Jh. v. Chr., der Bronze des Arringatore (Redner) von 110-80 v. Chr. mit dem erhobenen rechten Arm, in der Geste der „adlocutio“ (der Bitte um Stille am Beginn einer Rede).

In der verbliebenen Freizeit bis zur Abfahrt mit dem Bus hatten wir Gelegenheit entweder die Galleria degli Uffizi oder die Galleria dell´Accademia  mit dem berühmten David von Michelangelo zu besuchen. Ferner die Altstadt mit dem Dom und die Ponte Vecchio.

Wir freuen uns auf die Reise im November 2014, bei der wir auch das Museo Nationale Etrusco di Villa Giulia in Rom mit u.a. einmaligen etruskischen Goldschmuckarbeiten besuchen werden.