05.10.2016

Normandie/Bretagne 2016

 

Welchen Gedanken verbindet man zuerst mit Frankreich? Das gute Essen, die kulinarischen Raffinessen. So steht das französische Genuss-Alphabet mit A für  Austern, B für Baguette, C für Cidre, E für Escargots, F für Fromages, H für Hummer usw. und Z für Zwiebelsuppe.

Ob das neben den historischen Highlights zutrifft, wollten wir herausbekommen und sind deshalb mit Mario Becker und unserem Bus über die A 63 und A 6 nach Amiens/ Frankreich, unserer ersten Station auf dieser Exkursion, gefahren.

AMIENS,  (lat. Ambianos), die Hauptstadt der Picardie, liegt etwa 140 km nördlich von Paris.

Julius Caesar hielt sich hier vom Herbst 54 v. Chr. bis Frühjahr 53 v. Chr. auf. Dokumentiert wird dieser Aufenthalt in seinem eigenen Bericht „De Bello Gallico“. Amiens erhielt ein großes Forum, ein Amphitheater  für ca. 15.000 Zuschauer und eine Therme.

Um 1220 wurde mit dem Bau der größten Kathedrale Frankreichs begonnen. Das Meisterwerk gotischer Baukunst war bereits nach 50 Jahren vollendet. Die Kathedrale gehört zum UNESCO-Welterbe  und beherbergt wertvolle Skulpturen und Reliefs. Wir erlebten eine beeindruckende Lichtshow nach Sonnenuntergang (La Cathédrale en Couleurs) in der die Statuen in Originalfarben erstrahlen. Berühmt ist die Skulptur im Chorumgang  aus dem 17. Jh. , der „Weinende Engel“, der im Ersten Weltkrieg, auf den Postkarten der Soldaten, zu einem Symbol der Abnutzungsschlacht, zur populären Abbildung wurde.

Am nächsten Tag fuhren wir über weite offene Landschaft, die teilweise landwirtschaftlich genutzt ist, nach CAEN. Im 11. Jh. war Caen die bevorzugte Residenz von König Wilhelm II, dem Eroberer. Hier wurde ein Vertrag geschlossen, in dem die Streitigkeiten zwischen König Wilhelm II von England und seinem Bruder Herzog Robert II von der Normandie beigelegt worden. Szenen über die Schlacht bei Hastings und deren Zusammenhängen ist in dem 70 Meter langen Wandteppich von Bayeux, unserem nächsten Besichtigungspunkt, einer Stickerei auf Leinwand mit verschiedenfarbigem Wollgarn aus dem 11. Jh., einem damaligen Kunstwerk und Lektüre, festgehalten. In den Vitrinen fanden wir Hinweise auf die Ausführung der Stickerei. Handarbeitsfreaks kamen hier voll auf ihre Kosten.

Zurückkommend auf CAEN: Hier haben wir in einem Dokumentations-Centrum die Landung der Alliierten an der Küste der Normandie  im von den Deutschen besetzten Frankreich am 6. Juni 1944 gesehen. Die deutschen Verteidiger leisteten unerwartet massiven Widerstand. Wir haben uns die Landungsstrände angesehen. In heutiger Sicht sind es Ferienparadiese mit flachem feinsandigen Strand, würden nicht noch bunkerähnliche Gebäude, Geschützstände, metallene todbringende Kolosse sichtbar herumstehen. Dieser Stellungsausbau an der Küste, den wir uns in kleinen Abschnitten angesehen haben, ist fast nicht vorstellbar, hätten wir ihn nicht mit eigenen Augen gesehen. Innerhalb von zwei bis drei Jahren wurden riesige Mengen Material bewegt, die heute an den Tod von zehntausend Soldaten erinnern.

Über die N 13 von Bayeux über Caen der A 84 ging unsere Fahrt weiter zum Mont-Saint-Michel, dem Klosterfelsen mitten im Meer. Im Jahre 708 soll der Bischof von Avranches begonnen haben, auf dem Mont-Tombe ein Heiligtum zu errichten. Der Berg wurde rasch eine bedeutende Wallfahrtsstätte. Im 10. Jh. ließen sich Benediktiner in der Abtei nieder. Zur Zeit der Französischen Revolution war die Abtei ein Gefängnis. 1874 wurde der Mont-Saint Michel zum Nationaldenkmal erklärt. 

Der Berg und seine Bucht gehören seit 1979 zum Weltkulturerbe der UNESCO. Seit 2007 leben keine Benediktiner mehr in der Abtei. Es sind die Fraternité de Jérusalem an ihrer Stelle eingezogen. Der Klosterfelsen wird jährlich von Millionen Touristen besucht, unter anderem auch von Pilgern auf dem Jakobsweg.

Seit tausenden von Jahren hinterlässt die Flut  zweimal täglich eine sandige Last. Zwischen höchstem und niedrigstem Wasserstand, dem Tidenhub, liegen bis zu 14 Meter. Wenn sich das Meerwasser zurückzieht, hat es ein Drittel weniger Energie, so dass weniger Sand weg- als angeschwemmt wird. Die Sandschicht in der Bucht beträgt heute 7 bis 14 Meter. Ein 1879 erbauter zwei Kilometer langer Deich zwischen Festland und der Felseninsel blockierte die Strömungen, so dass sich auf beiden Seiten Schlick ansammelte. 2006 startete man ein Projekt, den Mont-Saint-Michel wieder zu einer Insel zu machen. Die Aufgabe bestand darin, das bei Ebbe zurückbleibendes Ablagerungsgut wegzuspülen. 2015 wurde die alte Deichstraße entfernt und man baute einen 2 km langen Zugangsweg. Besucher werden nun mit einem Shuttlebus zum Mont gebracht.

Wir standen auf dem Damm der Insel und vor uns die überdimensionale Kathedrale, die dem Erzengel Michael geweiht ist, zwei Kilometer vor der Küste im Wasser der größten Bucht Frankreichs und waren fasziniert von dem Anblick.

Wir verließen nun die Normandie mit dem Mont-Saint-Michel und wanden uns nach Süden auf der N 176 und 166 nach VANNES und CARNAC am Golf von Morbihan in der Bretagne.

Diese Gegend um den Golf von Morbihan ist besonders reich an vorgeschichtlichen Zeugnissen. So sahen wir große Felder verschieden geformter Menhire bei Carnac.

Mehr als 3000 Menhire, die zu Steinreihen gruppiert sind und einige Großsteingräber  (Dolmen) liegen hier. Ein riesiger Menhire von einer Größe von 6 bis 20 m aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. liegt in LOCMARIAQUER  und ist leider in vier Teile zerbrochen. Im Historischen Museum von Vannes sahen wir Werkzeuge und Waffen aus der Bronzezeit, der Hallstattzeit und der Latènezeit. Die Urnenfelderkultur war mit einer Menge Randleistenbeilen vertreten. In der Schmuckvitrine wurden uns Schmuckkugeln aus Glas, Quarz, Jaspis, Bergkristall, Bernstein und Chalcedon gezeigt.

Am Nachmittag  hatten wir Gelegenheit am Strand spazieren zu gehen und im Atlantik zu plantschen.

Von Vannes fuhren wir in südöstlicher Richtung nach GUÉRANDE, zu den Salzgärten. Bis heute wird hier immer noch Salz aus dem Meer gewonnen. Eine kundige Führerin erklärte uns die Zusammenhänge: Das teure fleure de sel entsteht durch Verdunstung an heißen Tagen. Der Wind treibt die dünnen weißen Salzschichten an die Ränder der Teiche, die dann abgeschöpft werden.

Am Sonntag trafen wir unsere Stadtführerin in NANTES vor der gotischen Kathedrale St. Peter und St. Paul. Der Bau dieser Kathedrale aus hellem Kalkstein war erst 1893 vollendet und dauerte über 450 Jahre. In einem prunkvollen Renaissancegrab ruhen François II, Herzog der Bretagne und Marguerite de Foix, Prinzessin von Navarra, die Eltern der 1477 geborenen Anne de Bretagne.

Anne de Bretagne ( * 25. Januar 1477 in Nantes; † 9. Januar 1514 in Blois) war zwischen 1489 und 1491 und von 1498 bis zu ihrem Tode Herzogin der Bretagne. Sie war durch ihre Ehen auch Erzherzogin von Österreich (1490–1491), Königin von Frankreich (1491–1498), Königin von Sizilien und Jerusalem und erneut Königin von Frankreich (1499–1514) und Herzogin von Mailand.

Nantes lag am 3. Platz in der Verschiffung von Sklaven zweihundert Jahre lang. Der Handel mit Baumwolle, Tabak, Rohzucker und Indigo wurde über den Hafen von Nantes abgewickelt. Im Jahre 1843 eröffnete Lois Pommeraye eine überdachte Gallerie mit Luxusgeschäften in zwei Etagen. Das Bauwerk bestand aus Gusseisen und viel Glas. Die Dekorationen wurden nach Symbolen gefertigt wie für den Handel, das Militär, die Kunst usw. Ein kunstvoller eleganter Einkaufstempel nach der damaligen Mode.

Von Nantes ging unsere Fahrt in östlicher Richtung über Tours nach BOURGES, die in der Antike den lateinischen Namen Avaricum  führte. Hier siegte Caesar im Jahre 52 v. Chr. gegen die aufständischen Gallier unter Vercingetorix.

Bourges hat eine gewaltige gotische  Kathedrale, Saint-Étienne, erbaut zwischen 1195-1255. Sie ist fünfschiffig und verfügt über kein Querschiff, was bei dieser Größe baugeschichtlich einzig ist und gehört seit 1992 zum UNESCO Weltkulturerbe. Im Innern der Kirche betrachteten wir die älteste astronomische Standuhr Frankreichs von 1424. Das Zifferblatt verfügt über eine detaillierte Sternkarte und ein Glockengeläut, das die ersten Noten des Salve Regina spielt. Der Mechanismus ist in seinem ursprünglichen Zustand erhalten. Die Uhr wurde 1994 restauriert. Der Tympanon über dem Westportal ist eine meisterliche Steinmetzarbeit.

Nach mehrstündiger Busfahrt erreichten wir METZ. Auch hier besichtigten wir die gotische Kathedrale, St.-Étienne und waren von der Größe und Schönheit überwältigt. 1520 wurde sie fertiggestellt. Die Kathedrale Saint-Étienne (deutsch: Stephansdom) im französischen Metz in Lothringen,   gilt als eines der schönsten und größten gotischen Kirchengebäude in Frankreich. Marc Chagall hat 1963 zwei Glasfenster mit dem Thema „Die Schöpfung“ geschaffen. Sie sind in einem der beiden Seitenschiffe zu sehen.

Im 1. Jh. v. Chr. befand sich eine große  keltische Stadt aus Lehmbauten.  Die Ankunft der Römer 51 v. Chr. begünstigte der Handel mit Keramik und Wein deren Aufschwung. Diesem Wohlstand wurde durch den Bau einer Therme und eines großen Amphitheaters Ausdruck verliehen. Metz lag verkehrsgünstig an einem Knotenpunkt der Handelswege von Trier bis Lyon und Straßburg bis Reims.

In der Geschichte des 19.  und 20.Jh. war Metz häufig umkämpft: 1871 wurde die Stadt von Deutschland annektiert, 1918 von Frankreich zurückerobert. 

Wir verließen Metz und fuhren in Richtung Forbach, Sarreguemines  um dem Parc Archéologique Européen de Bliesbruck-Reinheim und dem Europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim einen Besuch abzustatten. Es handelt sich hierbei um ein Ausgrabungsfeld einer Römischen Villa eines recht wohlhabenden Villenbesitzers, einer Römischen Therme, eines ausgedehnten Handwerkerviertels und eines Fürstinnengrabes mit Grabbeigaben wie eines goldenen Torques und Schmuck, mit Korallen verzierte Fibeln. Ferner eine keltische bronzene Schnabelkanne mit kunstvollen Gravuren und Henkelattaschen.

Es sind nicht nur die kulinarischen Genüsse, wie eingangs erwähnt, die wir mit Frankreich, insbesondere mit der Normandie und der Bretagne verbinden, hinzukommen die kulturhistorischen Stätte, die wir besucht haben und uns in Erinnerung bleiben werden. Zufrieden und dankbar für die interessante Exkursion, fuhren wir nach Frankfurt zurück.