Gartenreise Italien 2017
Der Schwerpunkt dieser Exkursion lag in der Erforschung der Gärten, ihrer Kultivierung und Entwicklung in den einzelnen Zeitabschnitten der Renaissance, des Barock und der Moderne in Italien, im Großraum Toscana.
Ein prachtvoller Garten galt als ein Statussymbol. Er stellte Reichtum des Besitzers dar und erfüllte sein höfisch geprägtes Repräsentations- und Vergnügungsbedürfnis.
Frau Anja Antony, mit Fachbereich Gärten, Parks und Pflanzen, die uns auf der gesamten Reise begleitet hat, stellte uns gleich zu Beginn unserer Exkursion die Baumschule Oscar Tintori, in Pescia, ca. 50 km von Florenz entfernt, vor, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Citrusfrüchte zu kultivieren. Uns wurden einige der dort angebauten 200 Citrus-Sorten mit verschiedenen Größen, Blattfarben, dünn- oder dickschalig, sauer oder sogar roh genießbar vorgestellt. Wir erfuhren dabei, dass Orangenbäume gleichzeitig blühen und Früchte tragen. Die gesamten 2000 m² des Gewächshauses waren erfüllt von einem betörenden Duft, den wir noch lange in Erinnerung behalten werden.
Wenige Kilometer von Montecatini Terme, unserem Aufenthaltsort entfernt, in westlicher Richtung, liegt LUCCA, eine etruskische Stadt, die von den Römern 180 v. Chr. als römische Kolonie gegründet wurde. Ein römisches Amphitheater aus dem 1. oder 2. Jh. n. Chr. befindet sich heute unter der Straßenebene. Im Jahre 1830 wurde der Platz umgebaut und lässt das Oval des Theaters und Teile seiner römischen Stützsäulen erkennen. Lucca besitzt eine 4 km lange vollständig erhaltene Stadtmauer zur Verteidigung aus dem 16. Jh. Am 10. April 2017 fand in Lucca das G7-Außenminister-Treffen über die Syrien Frage statt.
Mit der Bahn fuhren wir von Montecatini Terme nach Florenz, liefen durch die Stadt zur Biblioteca Laurenziana, die über eine Treppe im Kreuzgang von San Lorenzo zu erreichen ist. Papst Clemens VII. erteilte Michelangelo den Auftrag, Räumlichkeiten für die ungemein wertvollen Inkunabeln der Medici zu konzipieren. Cosimo il Vecchio sammelte zielstrebig Zeichnungen mit botanischen Darstellung, was zu jener Zeit außergewöhnlich war. Unser Besuch war Grundlage für das historische Thema dieser Exkursion. Anschließend besichtigten wir die Basilica San Lorenzo aus dem 15. Jh., deren Bauleitung Filippo Brunelleschi übertragen wurde.
Wir spazierten über den Ponte Vecchio und gelangten zum Palazzo Pitti an dessen Rückseite sich der große Park „Giardino di Boboli“ der Medici mit seinen zahllosen Skulpturen und Brunnenanlagen öffnet. Zwingend notwendig zu jener Zeit war die Errichtung einer Grotte. Cosimo I. ließ durch den Florentiner Architekten Bernardo Buontaleni drei höhlenartige Räume bauen, die fortan seinen Namen trugen. Beim Verlassen des Parkes „verabschiedete“ uns der nackte Hofnarr der Medici, Morgante, auf einer Schildkröte reitend – FESTINA LENTE (Eile mit Weile), das Symbol der Medici.
In der Nähe unseres derzeitigen Aufenthaltsortes – Montecatini Terme – besuchten wir einen Garten La Foce mit seinen in Terrassen angelegten Buchsbaum-Parterre und blühenden Glyzinien. Die harmonische Beziehung zwischen Bauwerken, Garten und landschaftlicher Umgebung machen La Foce zu einem Musterbeispiel der gesamten kulturellen Entwicklung in der Toskana. Hier kam der gestalterische Wille des Architekten durch verschiedene Gartenräume in Form von Quadraten oder Rechtecken Blickachsen zu schaffen, deutlich zum Ausdruck.
Wir besuchten moderne Parks mit teils amüsanten, teils skurilen Skulpturen des Daniel Spoerri und seiner Künstlerkollegen. Ferner die Sammlung großer, bunter figurenähnlicher Gebilde im Giardino die tarocchi der Niki de Saint Phalle und ihrer Mitarbeiter.
Bomarzo, ein Städtchen in Lazio, am Fuß des Cimino, präsentiert eine einmalige Arbeit, den „Heiligen Wald der Monster“. Geplant wurde er von Prinz Vicino Orsini und einem Architekten Pirro Ligorio 1552. Der Park umfasst 35 Sehenswürdigkeiten mit teilweise überzeichneten Darstellungen in riesigen Dimensionen.
Als erstes Beispiel für eine Idealstadt der Renaissance wurde uns die kleine Stadt Pienza vorgestellt. Bei der Führung durch den Palast des Papstes Pius II konnten wir im Innenhof die „hängenden Gärten“ besichtigen und genossen eine schöne Aussicht über das Oreia-Tal.
Sehr interessant war der Vortrag und Film von den Marmorbrüchen in Carrara. Sogar einige römische Abkeilspuren wurden uns gezeigt. Jetzt baut man den Marmor mittels Diamantsteinsäge ab, die eine Ausbeute von 10-15 m² pro Stunde hat. Wie lange in den Apuanischen Alpen noch Carraramarmor abgebaut werden kann, bis der ganze Berg verschwunden ist, konnten wir nicht erfahren.
Die Archäologie mit wertvollen Beiträgen unseres Mario Becker wurde auf dieser Fahrt ebenfalls bedacht. In Volterra sahen wir uns im Museo Guarnacci Volteraner Ascheurnen, den Abendschatten „Ombra della sera“ des Alberto Giacometti aus dem 3. Jh. v. Chr. und schwarze Keramik, die „Bucceroware“, die es nur bei Etruskern gibt, an.
Am Mittag des gleichen Tages besuchten wir die Villa d´Este, die zum Weltkulturerbe gehört. Eine Villa eines Kardinals aus dem 16. Jh. mit einem prächtigen terrassierten Garten und einer Menge Wasserspiele, einer Wasserorgel und nachgebauter Skulpturen mit mythologischem Bezug.
Kaiser Hadrian, der Reisekaiser, er lebte von 76 bis 138, ließ sich die Villa Adriana in Tivoli in mehreren Bauabschnitten zwischen 118 und 138 errichten. Auf einer Fläche von ca. 300 Hektarn wuchsen der Kanopus, ein Theater, der Kaiserpalast, Thermen und auch eine Runde Villa auf einer Insel, der private Rückzugsort des Kaisers in Tivoli.
Im Nationalen Archäologie Museum in Palestrina sahen wir das „Nilmosaik“ aus dem 2. Jh. v. Chr. mit beeindruckenden Tiermotiven und griechischer Beschriftung. Ferner fasti consulares die Consularlisten Praenestini (auf Marmorplatten gemeißelte Namen der jährlich gewählten höchsten Beamten des Imperium Romanum). Praenestinische Kisten der Etrusker für Kremationsreste und das Terrassenheiligtum zu Ehren der Fortuna, eine gewaltige Arbeit, bei der eine Menge Erd- und Steinmaterial bewegt wurde.
Palazzo Massimo Rom steht für ausgezeichnete Skulpturen, wie den bronzenen Faustkämpfer, den marmornen Discobol; die 4 Silberbecher von Vicarello (ein Reisender aus Gades (Spanien), nach Rom, hat auf 4 Silberbechern über 100 Ortsnamen mit Meilenangaben eingravieren lassen, von den Stationen, die er auf seiner langen Reise passierte und als Weihegaben dem Apollonheiligtum in Vicarello in Italien geweiht) und das Gartenzimmer der Livia, um nur die Wesentlichsten zu nennen.
Am vorletzten Tag unseres Aufenthaltes in Italien führte uns Frau Antony durch den Botanischen Garten in Trastevere und stellte uns u.a. verschiedene Heilpflanzen vor.
Stunden vor unserem Heimflug verbrachten wir in Ostia Antica und waren erstaunt, was an historischer Bausubstanz noch so gut erhalten ist. Wir hätten hier gern noch mehr Zeit verweilen mögen.
Eine interessante Exkursion, die sich lohnt, irgendwann einmal wiederholt zu werden.