25.09.2017

Burgund Provence 2017

Reisebericht

Gibt es die GROTTE CHAUVET  nahe der Kleinstadt Vallon-Pont-d´Arc in Frankreich im Flusstal der Ardèche, die jetzt „La Grotte Ornée du Pont d´ Arc, dite Grotte Chauve“  von der UNESCO in ihr Weltkulturerbe aufgenommen wurde, mit Felsmalereien von 36.000 Jahren vor heute? Ist der keltische KRATER VON VIX  wirklich über 160 cm hoch? Wie viele Bogenreihen hat der römische Aquaeduct PONT DU GARD  in der Nähe von  NIMES?Was können wir uns unter den Resten der römischen Wassermühlen bei BARBEGAL vorstellen?

Solche und andere Fragen wollten wir mit Herrn Mario Becker lösen und sind deshalb im Juli 2017 von Frankfurt  nach Dijon gefahren.

Bei einem Zwischenaufenthalt auf dem Weg nach Dijon hielten wir in LANGRES  und besuchten das dortige Musée d´Art et d´Histoire. Hier fanden wir Skulpturen, Grabsteine aus keltischer Zeit, Glas und Bronzekleinfunde. Im Obergeschoss hingen Ölgemälde regionaler Künstler aus dem 18. – 20. Jh.

Dijon, lateinisch Diviodunum  ist bekannt für seinen Senf und als wichtiger Handelsplatz für Burgunderweine. Wir spazierten durch die Stadt, berührten die chouette (Eule) an der Fassade der gotischen Kirche aus dem 13. Jh., was Glück bringen soll und betrachteten die ergreifend realistischen Darstellungen der Trauernden des prächtigen Grabmals von Philippe le Hardi von Claus Sluter (1345-1405) im Musée des Beaux-Arts.

Die kuriose Kirche Notre-Dame birgt eine originelle Fassade: Der mittelalterliche Bildhauer hat sie mit falschen Wasserspeiern geziert. So gut wie alles Irdische und Himmlische ist hier verkörpert: die Tugenden und die Laster, die Lästermäuler und der Geizhals, die Güte und die Barmherzigkeit. Die Turmuhr „Jacquemart“ gibt den Takt an. 1550 erhielt die Figur eine Gemahlin „Jacqueline“. 1715 einen Sohn „Jacquelinet“ und 1884 schließlich eine Tochter „Jacquelinette“.

Der Tag fand einen krönenden Abschluss mit einem Dinner im Chateau de Gilly.

Von Dijon fuhren wir in nördlicher Richtung auf der D 971 bis Chatillon-sur-Seine. Hier befindet sich der unberaubte Grabhügel aus der frühen Eisenzeit – die Fürstliche Grabstätte von Vix. Die besonders wertvollen Grabbeigaben, insbesondere der kostbare Schmuck, der gefunden wurde, wird hypothetisch einer Frau, der Fürstin von Vix zugeordnet. Die Grablegung fand wohl etwa zwischen 500 und 450 v. Chr. statt.

Ins Staunen gerieten wir beim Anblick des Torques von 480 Gramm 24-karätigem Gold und eines bronzenen Kraters (Weinmischgefäß) von erheblichem Ausmaß (H 160 cm, einem Gesamtgewicht von 208 kg und einem Fassungsvermögen von 1100 Litern). Die beiden Voluten-Henkel des Kraters mit Darstellungen von Gorgonenhäuptern sind allein schon Kunstwerke und lassen eine Herstellung im griechischen Raum vermuten. 

In der Grabkammer befanden sich noch weitere Kunstgegenstände wie Fibeln, Armreifen, Bernsteinperlen, einesilberne Opferschale, ein  etruskischer Weinkrug. Nach den aufgefundenen Gegenständen im Fürstinnengrab können wir auf die guten Handelskontakte  im Mittelmeerraum schließen.

Das Archäologische Museum von Dijon beherbergt keltisch-römische Exponate aus der Seinequelle, (etwa 30 km von Dijon entfernt), insbesondere Votivgaben aus Holz, die 1963 gefunden wurden. Ferner gallische Grabsteine, Meilensteine und einen bemerkenswerten steinernen Grabbau mit der Darstellung eines Caupos, wie er hinter seiner Theke steht und Wein ausschenkt. An der Wand seines Gastraumes sind Henkelkrüge verschiedener Größe aufgehangen.

Etwa 60 km nordwestlich von Dijon liegt die ABTEI FONTENAY, ein von Berhard von Clairvaux 1118 zusammen mit einigen Mönchen gegründetes Zisterzienserkloster. Ora et labora  (Arbeit und Gebet) war der Schlüssel zu einem streng geregelten Leben auf dem Weg zur geduldigen Erkenntnis Gottes. Der Tagesablauf der Mönche war bestimmt durch die Sonne. Zwischen Sonnenauf- und Untergang wurden acht Gebetszeiten eingehalten, Studium der Heiligen Schriften und handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt. Das Kloster war weitestgehend autark: Es hatte eine eigene Quelle und konnte somit Fische züchten. Es besaß Wälder und die Mönche gewannen Eisenerz aus den Stollen in der Gegend um das Kloster. In der Schmiede arbeiteten Brüder und stellten Handwerkszeug her, das in der ganzen Umgebung des Klosters verkauft wurde.  Seit 1981 gehört das Zisterzienserkloster in Fontenay zum UNESCO Weltkulturerbe.

Unsere Erkundungstour ging weiter zur Papststadt aus dem Mittelalter – AVIGNON. Unter römischer Herrschaft ab 48 v. Chr. wurde die Colonia umbenannt in Colonia Julia Augusta Avenionesium. Der Palast der Päpste  war ein prunkvoller Palast und gleichzeitig Festung. Dieses gotische Monument gehört zum Weltkulturerbe. Wir besuchten die Prunksäle, Kapellen und Privatgemächer mit reichen Freskenverzierungen. Wenige Kilometer entfernt von Avignon, in nördlicher Richtung, liegt ORANGE, das römische Arausio, dem wir unbedingt einen Besuch abstatten mussten. Hier beeindruckte uns das Theater mit seiner gut erhaltenen Bühnenwand von 37 m Höhe und 103 m Länge, was wohl Ende des 1. Jhs. nach Chr. erbaut worden sein könnte und die vorstehenden Steine im oberen Fassadenbereich, die als Halterung für die Sonnensegel (Velum) als Schattenspender für die Besucher dienten. In einer Nische über der Skene ist eine 3,50 m hohe Figur des Kaisers Augustus zu sehen. Das Theater wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. In einem anderen Teil der Stadt steht ein Ehrenbogen, mit drei Bögen, der dem Kaiser Tiberius (42 v. – 37 n. Chr.) gewidmet wurde. Er ist mit einer Vielzahl von Schlachtszenen versehen, die an der Nordseite noch recht gut erhalten sind und den Sieg Caesars über die Gallier darstellt. Es sind Schiffsschnäbel, Opfergeräte, Opferschalen, ein Tropaion mit gegnerischen Waffen, Schilde und Brustpanzer zu sehen. Das Bogengewölbe besteht aus schönen Kassetten. Im Archäologischen Museum fanden wir eine einmalige Ritzzeichnung in Marmor mit der Darstellung des Katasters von Arausio zu römischer Zeit. Er diente damals zur Eintragung der Eigentümer eines Grundstückes und somit zur Steuererhebung.

Wir fuhren nach ARLES, dem südlichsten Punkt dieser Exkursion und besichtigten das Theater und das Amphitheater, das wahrscheinlich unter Kaiser Hadrian (76 – 138 n. Chr.) für 24.000 Zuschauer mit zwei Arkadenreihen, die untere in der dorischen und die obere in der korinthischen Säulenordnung erbaut wurde. Das ehemalige römische Forum ist überbaut worden. Es sind nur noch die Arkaden des Untergeschosses (Cryptoporticus) erhalten geblieben, die wir besucht haben. Die Räume dienten der Lagerung von Vorräten wie Getreide, Öl und Wein. Das Archäologische Museum wartete mit einer Sonderausstellung „Le Luxe dans l´Antiquité“ auf. Eine prachtvolle Präsentation von Schätzen aus Berthouville, 1830 in der Normandie entdeckt. Wir bewunderten römischen Schmuck, silberne Teller, Kannen und Griffschalen, mehrere silberne Skyphoi mit exakt modellierten Figuren, ein großer silbrig glänzender Merkur und eine schöne Camée aus Sardonyx  und Emaille mit der Darstellung des Jupiter u.v.a. Mosaike , Grab- und Weihesteine waren ebenfalls zu sehen.

Vincent van Gogh lebte seit Februar 1888 ein reichliches Jahr in Arles in malte u.a. die Gräberallee „Les Alyscamps (elysische Felder für diejenigen, die nach dem Tode Ruhe und ewiges Glück finden), eine der größten christlichen Nekropolen, die wir besuchten. Zwei Reihen Sarkophage  zieren die Baumallee. Das Gräberfeld gehört seit 1981 zum UNESCO Weltkulturerbe.

Im Bezirk Languedoc-Roussillon an der A 9 liegt NIMES (lat. Nemausus). 121 v. Chr. wurde sie von den Römern erobert und 27 v. Chr. von Kaiser Augustus zur Colonia Augusta Nemausus erklärt und erhielt das Recht Münzen zu prägen. Ein angekettetes Krokodil ist auf der einen Seite der Münze, die zwischen 27 v. Chr. bis 14 n. Chr. in Nemausus geprägt wurde, zu sehen. Das Krokodil war ein Maskottchen der römischen Soldaten, die in Ägypten gekämpft hatten und als Veteranen in Nemausus angesiedelt wurden. Heute ist das Wappen an verschiedenen öffentlichen Plätzen zu finden.

Nemausus wurde im 1. Jh. n. Chr. prächtig ausgebaut und erhielt stolze Bauten u.a. die Maison Carrée, ein römischer Podiumstempel mit 10 Frontsäulen in korinthischer Säulenordnung  und 20 Halbsäulen der äußeren Cellawand ebenfalls mit korinthischen Kapitellen. Der Tempel war Gaius und Lucius Caesar geweiht.

1985 wurde der PONT du GARD, ein römischer Aquaeduct  und Wunderwerk römischer Ingenieurtechnik in die Liste des UNESCO Welterbes aufgenommen. Wir haben die Konstruktion  dieser Brücke, die aus schweren Steinblöcken mörtellos aufgesetzt wurde, fast 49 m hoch, 275 m lang ist und aus drei übereinanderstehenden Arkadenreihen besteht, bestaunt. Der Bau dieses Pont du Gard wurde im 1. Jh. n. Chr. begonnen und soll 3 Jahre gedauert haben. Er ist ein Teil einer 50 km langen Wasserleitung. Im Besucherzentrum konnten wir uns mit der Geschichte und der Technik des überwältigenden Bauwerkes aus römischer Zeit informieren.

Das Quellwasser, das über den Aquaeduct floss, wurde in einem Castellum Divisorum gesammelt und in 5 großen Tonröhren in die Bestimmungsorte verteilt. Es hat einen Durchmesser von 5,90 Metern.

Die MÜHLEN von BARBEGAL ,von den Römern gegen Ende des 3. Jhs. n. Chr. errichteter Komplex, bestehend aus 16 Mühlen, waren bis Anfang des 5. Jhs. in Betrieb. Die Mühlräder wurden mittels Wasser, das aus zwei Aquädukten herangeführt wurde, betrieben. Die Anlage konnte täglich bis zu 5 Tonnen Mehl erzeugen. Wir fanden noch spärliche Ruinenreste von einem so effizient arbeitenden Mühlenbetrieb.

In einer landschaftlich herrlichen Gegend liegt das Zisterzienserkloster NOTRE-DAME de SÉNANQUE. Die Gegend ist bekannt für seinen Lavendelanbau.

Östlich von Nimes liegt die Ausgrabungsstätte GLANUM, ein Oppidum der Salyer aus dem 7. und 6. Jh. v. Chr. Im 4. und 5. Jh. verkam Glanum zu einem Steinbruch. Die ersten systematischen Ausgrabungen begannen 1921 unter Jules Formigé. Die Archäologen brachten die Spuren einer eigenständigen Zivilisation zu Tage, die im 2. Jh. v. Chr. ihre Blütezeit erlebte. Kelto-Ligurer vom Volksstamm der Salluvier hatten hier, in der Nähe der Heilquelle, die als Heiligtum verehrt wurde, eine hellenistisch geprägte Stadt aufgebaut. Erst als sich mit dem geistigen Wandel im Zuge der römischen Eroberung neue Leitbilder durchsetzten, wich die Anbetung der Quelle nach und nach dem Kult des römischen Kaisers. Wir wanderten durch das Ausgrabungsfeld und waren überrascht, was an römischen Bauten, die in keiner römischen Stadt fehlen durften, wie Forum, Tempel, Thermen und Theater zu sehen waren.

Vor dem Nordeingang in die Talmulde der heiligen Quelle stehen das Mausoleum  und der Bogen erstaunlich gut erhalten. Auf dem Architrav des Mausoleums steht eine Widmung in

üblicher lateinischer Inschriftenform „SEX.L.M.IVLIEI.C.F.PARENTIBUS SVEIS“. („Sextus, Lucius und Marcus Ilius, Söhne des Gaius  -  haben diese Grabstätte  -   ihren Eltern

-gestiftet“.  Der Ehrenbogen ist nicht so gut erhalten wie das Mausoleum. Ihm fehlt der

niedrige Aufbau über dem Hauptgesims, die „Attika“. Die Reliefs zeigen Szenen des besiegten Galliens wie gefesselte Krieger, neben einer Trophäe einen weiteren Gefangenen.

Zum Schluss unserer Exkursion haben wir es geschafft, die Replik der Höhlevon Chauvet, die am 25. April 2015 vom französischen Staatspräsidenten Francois Hollande eröffnet wurde, zu betreten. 8500 m² Fläche der echten Höhle wurden dabei auf 3500 m² verdichtet. Trägergerüste bedeckte man mit Mörtel, ehe Dutzende von Künstlern mit Ocker-, Erd- und Manganfarben mit denselben Techniken wie einst die Tierzeichnungen rekonstruierten. Die Tropfsteine, die Überreste von Feuerstellen sowie Schädel und Knochen von Tieren wurden aus Kunstharz geformt.

Die Konstrukteure der spektakulären Rekonstruktion haben sogar Temperatur und  Luftfeuchtigkeit der Originalhöhle imitiert. Sparsam eingesetzte Lichtkegel beleuchten immer nur die Objekte, die vom Guide gerade erklärt werden.

Die Entdeckung der prähistorischen Malereien in der Chauvet-Höhle war eine Sensation. Der Besuch der echten Grotte ist für die allermeisten Besucher unerreichbar. Nur einer handvoll  Forschern ist es erlaubt und dann nur für kurze Zeit.