24.12.2017

Etrusker 2017

Wir begannen unsere Exkursion auf den Spuren der Etrusker, nach einem Zwischenaufent-halt im Raum Verona, zunächst in FERRARA, mit dem Besuch des dortigen Museums, das die bedeutenden archäologischen Sammlungen aus Spina  beherbergt. Die Etrusker und ihre Kultur standen schon früh im Blick von Reisenden und Forschern aufgrund ihres hohen Zivilisationsgrades. Als Einzige der Italiker waren sie im überseeischen Handel tätig. Sie siedelten zwischen Arno und Tiber. Ihre materielle Kultur umfasst den Zeitraum vom 10. Jh. v. Chr. über die Eisenzeit (9./ 8. Jh. v. Chr.), mit den verschiedenen Phasen der Villanova bis zum Ende der Romanisierung im frühen 1. Jh. vor Chr. Das Ende des 8. Jh. v. Chr. zeichnet sich durch die Bildung reicher Adelsschichten aus. Diese manifestierten im Lauf des folgenden Jahrhunderts ihren Wohlstand mit prunkvollen Gräbern, die von monumentalen Erdhügeln bedeckt wurden. Diese Phase wird aufgrund ihrer starken kulturellen und künstlerischen Beeinflussung die „orientalisierende“ Zeit genannt. Der Einfluss kam vom östlichen Mittelmeerraum her, der durch die Importe wertvoller Objekte aus Keramik oder Metall dokumentiert wird sowie durch die Imitation ihrer Formen. Das Interesse fremder Händler war durch das reichliche Vorhandensein von Rohstoffen wie Eisen, Kupfer, Zinn, Zink, Blei, Holz und Salz hervorgerufen.

SPINA  wurde kurz nach 1922 bei Entwässerungsarbeiten wiederentdeckt. Hier wurden im Laufe der Ausgrabungen über dreitausend Gräber mit ihren Grabbeigaben freigelegt und im Archäologischen Nationalmuseum von Ferrara präsentiert.  Das Wertvollste sind die griechischen Vasen, Werke berühmter Vasenmaler aus der Zeit von 500 bis 400 v. Chr.,  teilweise mit Motiven aus der griechischen Mythologie bemalt.

Der historische Stadtkern von Ferrara wurde von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt.

In ASSISI hatten wir Gelegenheit die Basilika mit Unterkirche und Krypta, in der die sterblichen Überreste des Heiligen Franziskus aufbewahrt werden und die Oberkirche mit wunderschönen Fresken von Cimabue, Giotto, Pisano, Cavallini und Torriti aus dem 13. bis 14. Jh. zu bewundern. Es ist das Wunderwirken des Hl. Franziskus dargestellt.

Wir besuchten auch die Kirche Santa Maria sopra Minerva und betraten den gut erhaltenen Pronaos, des römischen Tempels aus dem 1. Jh. v. Chr., der von sechs kannelierten Säulen mit korinthischen Kapitellen gebildet wird, die das Gebälk und den flachen Giebel tragen. Die Kirche steht auf dem Rathausplatz unter dem Archäologen ein gut begehbares Antiquarium errichtet haben, in dem man über einen Glasplattenweg das ehemalige Forumspflaster beschreiten kann. Darüber hinaus wurde ein Lapidarium (Steinsaal) mit mehreren interessanten Inschriften eingerichtet. „Unter den römischen Grabsteinen steht ein Exemplar von besonderer Bedeutung. Es ist der Grabstein des Publius Decimius Merula, einem Arzt, der aus dem Sklavenstand aufstieg und als klinischer Arzt, Augenarzt und Chirurg ein Vermögen erwarb. Er wirkte als Stifter und Gönner seiner Gemeinde.“ 

Die Inschrift lautet in der Übersetzung:
Publius Decimius Eros Merula, Freigelassener des Publius, klinischer Arzt, Chirurg, Augen-arzt, Sevir Augustalis (städt. Beamter, zust. für den Kaiserkult) für seine Freilassung zahlte er 50.000 Sesterzen, für das Sevirat 2000 Sesterzen an die Gemeindekasse; für die Aufstellung von Statuen im Tempel des Hercules stiftete er 30.000 Sesterzen, für die Pflasterung von Straßen 37.000 Sesterzen zugunsten der Gemeindekasse. Am Tage vor seinem Tod (hic pridie quam mortuus est) hinterließ er an Vermögen mehr als 500.000 Sesterzen …

In PERUGIA besuchten wir das Hypogäum der Volumnier in der Palazzone-Nekropole aus dem 2. Jh. v. Chr. Es besteht aus einem zentralen Vorraum, von dem sich vier Zellen öffnen und einem Korridor am Ende, der zu weiteren drei Grabkammern führt. Der Vorraum hat die Andeutung eines Holzdaches und ist insgesamt gesehen ein Beispiel für das Innere eines Hauses aus hellenistischer Zeit, alles aus Tuffstein gemeißelt. Am Ende der zentralen Kammer lagen die älteren Bestattungen in besonders eleganten und kostbaren Ascheurnen.

Die Anfänge der Bergstadt CHIUSI gehen in die Zeit um 1000 v. Chr. zurück. Seine höchste Blüte erreichte der Ort unter den Etruskern zwischen dem 7. und 5. Jh. v. Chr. Die Lage und die guten Verbindungswege, besonders über die schiffbare Chiana, ließen Chiusi zu einem bedeutenden Mitglied des etruskischen Städtebundes werden. Im 4. Jh. v. Chr. kam Chiusi auf friedliche Weise unter römische Herrschaft. Wir besuchten das Museo Nationale Etrusco. Hier sahen wir besondere Urnenformen aus der Mitte des 7. Jh. v. Chr.: Eine Kanope, deren Deckelschale in Form eines menschlichen Hauptes aus Ton geformt und durch Anfügen von Händen und Armen der menschlichen Gestalt angenähert wurde. Sie wurde sogar auf einen bronzenen oder tönernen Thronsessel gestellt.

Im 6. Jh. v. Chr. gelangten schwarzfigurige Vasen aus Attika nach Chiusi. Ein besonders wertvolles Stück ist ein Skyphos (breites becherförmiges Trinkgefäß mit zwei horizontalen Henkeln). Der Maler hat die webende Penelope, die auf ihren Odysseus wartet, dargestellt. Neben der reichhaltigen Vasensammlung, den Bronzegeräten, gravierten Spiegeln und Goldschmuck gibt es noch ein besonders fein gearbeitetes Mosaik mit der Darstellung einer Jagdszene, der Kaledonischen Eberjagd. Das Mosaik wurde mit sehr kleinen Tessellae gelegt und hat die geschätzte Gesamtgröße von 50 x 50 cm. Es wirkt wie ein Gemälde.

TARQUINIA änderte in seiner Geschichte mehrmals den Namen. Sein etruskischer Name war Turchuna, Tarchna oder Tarxuna. Unter römischer Herrschaft trug die Stadt den lateinischen Namen Tarquinii. Sie war eine der wichtigsten etruskischen Städte. Bedeutende mythische und historische Figuren Etruriens kamen aus Tarquina. Die kulturelle Bedeutung der Stadt wurde bereits in der Villanovazeit deutlich, als die ersten Kontakte mit Griechen und dem Orient hergestellt wurden. Umfangreiche Importe von Terrakotten, vor allem aus Attika, die bis ins 4. Jh. v. Chr. nachgewiesen sind, führten zu Produktion von Imitationen in lokalen Werkstätten. Das Handwerk zeichnete sich in der Grabskulptur aus. Bekannt sind die großen Steinsarkophage, auf deren Deckeln die  wohlhabenden Verstorbenen, auf Klinen liegend,  in den Familiengräbern der Gegend dargestellt sind. 

Hervorzuheben sind die Fresken etruskischer Grabkammern, für die sich die Stadt besonders auszeichnete. Wir besuchten einige davon. Die am besten erhaltenen Darstellungen fanden wir in der Monterozzi-Nekropole (Grab der Leoparden ca. 480-470 v. Chr.).

Das Museo Archeologico Nazionale beherbergt die Geflügelten Pferde aus Terrakotta von Anfang des 4. Jh. v. Chr. aus einem Heiligtum von der Hochebene der Civitas. Die Terrakottaplatte stellt zwei geflügelte Pferde dar, die vor eine Biga gespannt sind. Es ist eine exakte Modellierung der Objekte, die stellenweise auch noch Farbreste aufweisen.

In den Schmuckvitrinen des Museums befindet sich weiter eine Art „Zahnprothese“, das sind Zahnnachbildungen aus Knochen oder Elfenbein, mit einem Goldstreifen verbunden. Sie sollten wahrscheinlich das ästhetische Aussehen des Trägers verbessern, ohne dabei die Kaufunktion wieder herzustellen.

Das Museum verwahrt eine umfangreiche etruskische  Sammlung von Aschekisten, Sarkophagen mit figuralen Motiven, Vasen, schwarzfiguriger  Bucceroware und Goldschmuck.

Die prächtigen Grabbeigaben, die heute gut restauriert in Museen gezeigt werden, bezeugen die Vorstellung von einer Weiterexistenz nach dem Tod.

Wir fuhren weiter nach CERVETERI, die unter den Etruskern den Namen Caere trug und in der Nähe vom Meer auf einem Hügel liegt. Im 7. Jh. v. Chr. erlebte die Stadt ihre große wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Die zahlreichen in den Nekropolen gefundenen griechischen Vasen belegen den Handel mit Griechenland. Die ältesten Beispiel der Bucchero-Keramik stammen aus Caere. Die Grabbeigaben aus dieser Zeit waren reich an Gold und geben wertvollen Aufschluss über den Wohlstand. Ferner die Gestaltung der Grabkammern, geben uns wichtige Hinweise über die verlorengegangene etruskische Wohnarchitektur. Die Kammern wurden aus dem Tuffstein gehauen, entlang der Wände wurden Liegebetten mit Kopfkissen geformt, manchmal sind Küchenutensilien an den Säulen in Stein gemeißelt oder Schilde. In einem Tumulus fanden wir zwei Stühle mit hohen Lehnen und Fußbänkchen in Stein gehauen, an den Wänden stehend, vor. All diese Objekte zeigen den großen Reichtum der Adelsschicht, was uns besonders in der berühmten Banditaccia-Nekropole auffiel. Die prunkvollen Gräber, die von monumentalen Erdhügeln bedeckt sind, erheben sich einzeln oder in Gruppen und bilden beeindruckende Nekropolen.

 

In POPULONIA besuchten wir den Archäologischen Park mit den Nekropolen nahe der Küste, in der Ebene. Hier finden sich drei Formen von Grabstätten aus dem 7. bis 6. Jh. v. Chr. Einmal große Tumuli (Erdhügel) mit einem kreisrunden Tambour aus Stein. Als Eingang ein niedriger Korridor, durch den wir einige Meter in gebückter Haltung gelaufen sind, bis wir zu einer kuppelförmigen Grabkammer gelangten. Zum anderen in der Totenstadt  San Cerbone  vereinzelt Totenhäuser und Sarkophage.

Ungefähr 50 km vom Mittelmeer entfernt, im Landesinneren, liegt VOLTERRA, ein Zusammenschluss von mehreren kleineren etruskischen Ansiedlungen aus dem 4. Jh.v.Chr. 

Wir besuchten das Museo Etrusco Guarnacci. Das Museum verfügt über eine Sammlung von Grabbeigaben wie Münzen, Spiegel, Bucceroware, Bronzegegenstände, Votivfiguren, Mosaike, wertvolle Ascheurnen aus Alabaster und ganz bekannt eine 60 cm lange schmale bronzene Statuette eines Jünglings, den „Ombra della Sera“. Berühmt ist auch der Urnendeckel mit der Darstellung eines Ehepaares, das auf einer Kline ausgestreckt liegt und der Mann seine Frau liebevoll ansieht.

Zur Zeit des Kaisers Augustus erhielt Volterra ein Theater für ungefähr 2000 Personen. Es wurde 1880 freigelegt und dabei entdeckte man die unterhalb des Theaters liegenden Thermenanlagen, die auf dem Gelände der ehemaligen Palaestra errichtet wurden.

Oberhalb der Stadt Volterra, wo sich einst die etruskische Akropolis befand, bestimmt eine große Festung aus der Renaissance das Bild. Nach verschiedenen Rebellionen gegen die Florentiner Herrschaft ließ Lorenzo il Magnifico de´Medici das Bollwerk „Rocca Nuova“ bauen. Seit dieser Zeit wird diese gewaltige Festungsanlage, die wir besucht haben, als Gefängnis benutzt.

Als GROSSETO mit dem Fall Sienas 1554 unter Florentiner Herrschaft gekommen war, ließ Cosimo I. de´ Medici einen neuen sechseckigen Mauerring mit Sternschanzen und einer Festung errichten. Der Wassergraben, rings um die Festung, war mit einem Kanal verbunden, so dass hier Waren und Baumaterial per Schiff transportiert werden konnten. Durch den Niedergang der Gegend und den Wegzug der Bevölkerung wegen der Malaria und der Epidemien versumpfte das Gebiet noch mehr. Erst Leopold II. von Habsburg-Lothringen, dessen Denkmal wir auf der Piazza Dante gesehen haben, hat Maßnahmen gegen die Malaria eingeleitet.

Im Museo Archeologico  e  d´Arte della Maremma fanden wir marmorne römische Skulpturen und Portraits, Terra Sigillata, Metallgegenstände aus der Bronzezeit, Bucceroware, Ascheurnen mit Tassenabdeckungen, Alabasterurnen mit sehr fein gedrechselten Deckeln, Vasen aus der archaischen Zeit im geometrischen Stil, Haustyp-Nachbildungen aus der Villanovakultur und Amphoren, die aus dem Meer geborgen wurden. 

Das letzte Ausgrabungsfeld, das wir auf dieser interessanten Exkursion besuchten, war ROSELLE. In der Antike lag es an einer offenen Meeresbucht auf einem Hügel, war Hafen- und Handelsstadt und gehörte zum etruskischen Zwölf-Städte-Bund. 294 v. Chr. wurde Roselle bei der Eroberung durch die Römer zerstört, aber später wieder aufgebaut. Es entstand eine Stadt nach römischem Baumuster mit Forum, Therme, guter Wasserversorgung durch Quellen und Zisternen. In den Häusern entdeckten wir Mosaikfußböden. Im Laufe des 6. Jh. wurde die Stadt mit einer über 3 km langen mächtigen Stadtmauer bewehrt, die fast ganz erhalten ist und das gesamte Gebiet umschloss.