09.01.2019

„Römische Westküste“ September 2018

Wir waren pünktlich gelandet und Herr Becker brachte uns sogleich ins Ausgrabungsgelände der antiken Stadt  OSTIA, der ursprünglich wichtigsten Hafenstadt des antiken Rom und möglicherweise auch dessen ersten Kolonie. Im Jahre 266 v. Chr. entwickelte sich die Stadt zu einem Flottenstützpunkt im Krieg gegen die Karthager. Nach Zerstörung im Bürgerkrieg erhielt die Stadt, noch heute sichtbare Befestigungsanlagen. Ihre größte Blüte erlebte Ostia in der Kaiserzeit. Sie wurde zum Welthafen der Metropole Rom. Wichtigstes Handelsgut war Getreide, das aus Afrika nach Rom transportiert wurde. Schiffbauer, Händler, Seiler und Gerber hatten hier ihre Büros. Das ist heute noch auf dem Platz der Korporationen mit den schönen schwarz/ weißen Fußbodenmosaiken und der Darstellung der jeweiligen Handelsvertretungen mit ihren Segelschiffen erkennbar. Darunter ist oft zu sehen, wie ein großes Kornmaß  gestrichen voll mit Getreide gefüllt war, die Annona, die von einem Quästor Roms kontrolliert wurde. Wir besahen uns Lagerhäuser, Speicher und Magazine.

Der Hafen Ostias verlandete immer mehr. Unter Claudius wurde deshalb ein großer künstlicher Seehafen gegraben und unter Trajan (98 – 117 n. Chr.) nochmals erweitert. Einen Kanal, den es aufgrund von Satellitenauswertungen gegeben und der Rom mit dem Tiber verbunden hat, um so die Schifffahrt effizienter zu machen, haben wir nicht entdecken können. denn  das Gebiet ist verschüttet und bebaut. Das moderne Ostia befindet sich aufgrund der Verlandung etwa 3 km weiter südwestlich am Meer.

Ostia wurde seit 1909 ausgegraben. Der Mauerring, Theater, Forum, Tempel, verschiedene Thermen und eine Feuerwehrkaserne kamen ans Licht.

Am nächsten Tag fuhren wir zur Isola Sacra, dem Teil von Ostia Antica, in dem sich die Gräberstraßen und Nekropolen befinden. Vor manchen Grabbauten sind heute noch auf marmornen Täfelchen die Namen der Verstorbenen lesbar. In bogenförmigen Einlassungen in den Wänden wurden Sarkophage aus Marmor oder Tuffstein mit dem Körper der Verstorbenen, oder mit deren Asche in Urnen beigesetzt,  gemäß dem Bestattungsritus jener Zeit.

Wir fuhren zum Tempel des Jupiter Anxur in Terracina.

Ein monumentaler Bau in dem sich behauener und gewachsener Stein gleichen

mit einer begehbaren Tempelterrasse auf einer gewaltigen Substruktion mit Arkaden. Das Heiligtum steht oberhalb der Stadt auf einem steil aufragenden Felssporn. Am Tempel für Jupiter hatten wir eine prächtige Aussicht aufs Meer.

Der Tiberiusvilla in Sperlonga mit der beeindruckenden Grotte, direkt am Meer gelegen, haben wir einen Besuch abgestattet. Ein Highlight beherbergt das angegliederte Museum: Es ist die Skulpturengruppe der Blendung des Zyklopen Polyphem mit übermenschlichen Ausmaßen und die überdimensionierte Figurengruppe des Odysseus im Kampf mit den Meeresungeheuern Skylla und Charybdis. Eine kleine Inschriftentafel in griechischer Sprache an der Skulpturengruppe Skylla und Charybdis gibt Auskunft über die drei Bildhauer und Schöpfer aus Rhodos, Hagesandros, Athanadoros und Polydoros, die uns aus römischer Literatur als Meister der Laokoon-Gruppe bekannt sind.

GAETA ein aus der Antike eher unbekannter Ort, befindet sich in Latium. Zahlreiche wohlhabende Römer besaßen hier in dem beliebten Erholungsgebiet Villen. Der römische Feldherr, Konsul und Zensor, Lucius Munatius Plancus, geboren um 87 v. Chr., dessen Sterbedatum unbekannt ist, hat sich auf dem höchsten Punkt des Gebirges (ca. 160 m hoch) sein Grabmal errichten lassen. Es ist ein Tambour mit einem Durchmesser von 29 m. und hat große Ähnlichkeit mit dem kurz vorher entstandenen Mausoleum des Augustus in Rom.

Es wird überliefert, dass Plancus Zeuge beim Unterzeichnen des Testaments des Antonius war und dass er diese Kenntnis dem Octavian, dem späteren Kaiser Augustus verraten hat. Augustus bemächtigte sich widerrechtlich des bei den Vestalinnen in Rom aufbewahrten Schriftstücks und fand Antonius Bestätigung der Gebietsschenkung an Kleopatras Kinder und dem Wunsch, in Ägypten bestattet zu werden.

Wir nahmen den strapaziösen Weg auf uns, um Plancus Tambour, den er wahrscheinlich auf seinem eigenen Grundstück erbauen ließ, zu besichtigen und von dort oben einen herrlichen Ausblick zu genießen.

 

Das an der Via Appia gelegene  FORMIAE  war ein beliebter Ort für die Villen reicher Römer. Auch Marcus Tullius CICERO (3. Jan. 106 bis 7. Dez. 43 v. Chr.) wohnte hier in seinem Formianum. Wir betrachteten seinen Grabbau. Ein quadratischer Unterbau, dessen Verkleidung noch recht gut erhalten ist; der turmartige Aufsatz, seines Schmuckes beraubt, ragt als nackter Ziegelkern in die Höhe.

Das kleine Museum in FORMIA beherbergt neben Amphoren auch einige Inschriften, schöne marmorne Skulpturen, wie Leda mit dem Schwan und Ares, einen Ausschnitt von Livias Gartenzimmer und einen Teil der Tabula Peutingeriana.

Am Hafen sahen wir eine Lagerstätte für Getreide, recht gut erhalten und es sind antike Becken für die Fischzucht erkennbar, wovon einige noch benutzt werden.

Südöstlich von Formia, oder 150 km südöstlich von Rom, in der Provinz Latina, liegt MINTURNAE. Durch den Bau der Via Appia 312 v. Chr. begann ein Wiederaufstieg der Stadt, in die 296 v. Chr. Veteranen angesiedelt wurden. Die Via Appia durchquert als Decumanus Maximus das Stadtzentrum, wodurch der gesamte Komplex in zwei große Teile zerfällt. Minturnae verfügt über ein großes Forum, ein Macellum, auf dem frisches Fleisch und Fisch verkauft wurden, ein Theater und viele Tempel. Der Haupttempel zeigt drei Kulträume für die Kapitolinische Trias (Jupiter, Juno und Minerva).

In einem erloschenen Kratersee in den Albaner Bergen, rund 30 km südöstlich von Rom, liegen die NEMISEE-Schiffe. Es waren zwei große antike Schiffe, die Kaiser Calligula in seiner Amtszeit (37-41 n. Chr.) zu Ehren der Göttin Diana bauen ließ. Nachdem Nemi 338 v. Chr. von den Römern erobert wurde, wurde das Heiligtum ausgebaut. Es war ein wichtiges Pilgerziel. Die Prunkschiffe hatten gigantische Ausmaße: Ein Schiff 73m lang, 24m breit; das zweite Schiff 71m lang, 20m breit. Die Schiffe wurden 1929 und 1930 aus dem Nemisee geborgen aber leider 1944 durch Feuer zerstört. Im Museo delle Navi Romane konnten wir Modelle im Maßstab 1:5 und zahlreiche Einzelstücke, die nach dem Brand geborgen wurden, ansehen.

Noch ein Highlight dieser Exkursion ist zu beschreiben: Das Nilmosaik in PRAENESTE. Das antike Praeneste trägt heute den Namen Palestrine und liegt 37 km östlich von Rom. Die Altstadt steht auf den riesigen Terrassen des Heiligtums der Fortuna Primigenia. Auf der Spitze des Heiligtums wurde der Palazzo Barbarini Colonna errichtet. In ihm ist heute das Nationale Archäologische Museum untergebracht, in dem man unter anderen Mosaiken das berühmte „Nil-Mosaik“ sehen kann. Das Museum beherbergt weitere erwähnenswerte Objekte wie Marmorskulpturen, Grab- und Weihesteine, Zisten, etwas Goldschmuck, zwei Sonnenuhren, ein Relief mit Trajan im Triumphzug nach dem Dakerkrieg aus dem 2. Jh.

TIVOLI liegt 30 km nordöstlich von Rom. Etwas weiter entfernt, 6 km, befindet sich die Sommerresidenz von Kaiser Hadrian, die Villa Adriana oder Hadriansvilla . 125 ha. sind bebauter Raum und somit die größte und aufwendigste Palastanlage, die sich ein römischer Kaiser erbauen ließ mit einer Vielzahl von Bauten und Ausstattungsobjekten. Die Bauzeit betrug zwischen 118 bis 134. Seit 1999 gehört die gesamte Anlage der Villa Adriana zum UNESCO Weltkulturerbe. Ab dem 15. Jh. stand sie für die Weiterentwicklung der Gartenkunst und war Vorbild für viele barocke Gartenanlagen. Das war auch ein Anlass für uns, im Rahmen der EOS Gartenreise Italien im April 2017, den weitläufigen Garten der Villa Adriana anzusehen.

In einem Aufsatz schreibt Helmut Schareika, Altphilologe und Germanist,

„In der Gesamtanlage war der Hang zum architektonischen Experiment  konventionelle Bauformen in neuer Funktion zu entwickeln, erkennbar.“

Auf dem Gelände der Villa Adriana sind verschiedene Bauten, die zur Deutung Anlass geben. U.a. das Teatro Marittimo oder der Inselpavillon. Der kreisrunde Baukörper, scheinbar der im Wasser liegende Innenbereich soll den Orbis, also den vom Weltmeer umspülten Erdkreis verkörpern. Dieser Bau wird als Rückzugsort des Kaisers gedeutet.

Bekannt und gleichzeitig Anziehungspunkt ist der Canopus. Ein flacher Teich, der mit Säulenreihen umstanden war. An der einen Längsseite standen die Kopien der vier Karyatiden, der berühmten Statuen des Erechteion von Athen. Zur Erinnerung des Kaisers Hadrian an eine Ägyptenreise wurde der Canopus gebaut.

Wir genossen den Spaziergang über das Gelände und erhaschten dabei manch schönes Mosaik in einer ehemaligen Therme oder ein noch gut erhaltenes Fresko oder einige prächtige Säulen.

 

 

Bei hellem Tageslicht und milden Temperaturen macht es immer wieder Freude, auf dem Kapitolsplatz in  R O M  zu verweilen. Wir stiegen die große Treppe hinauf und sahen schon die dominaten Statuen der Dioskuren Kastor und Pollux mit ihren Pferden. Auf halber Höhe steht die Bronzestatue des Cola di Rienzo, einem römischen Politiker und Volkstribun aus dem 13. Jh., eine umstrittene Figur. Für die einen war er ein Humanist und Fixstern der Renaissance, für die anderen ein Tyrann und endete grausam. Richard Wagner hat eine Oper nach dem Stoff komponiert.

1538 wurde das bronzene Reiterstandbild des Kaisers Mark Aurel auf den Kapitolsplatz, den Michelangelo im 16. Jh. im Auftrag des Papstes Paul III. gestaltet hat, gebracht. Während im 17. Jh. die Ideen von Michelangelo umgesetzt waren, erhielt der Platz jedoch erst 1940 sein jetziges Aussehen. Der Kapitolsplatz ist mit dem Europäischen Kulturerbe Siegel ausgezeichnet.

Links und rechts des großen Platzes sind die beiden Musei Capitolini untergebracht und an der Kopfseite befindet sich der Senatorenpalast. Hier wurden 1957 die Römischen Verträge unterzeichnet. Es war die Entwicklung der heutigen EU.

Wir besuchten die Musei Capitolini und besahen uns die dort ausgestellten Spitzenstücke, die in den Reisebeschreibungen von EOS ROM 2017 und früheren aufgeführt sind und uns immer wieder begeistern.

Vor unserem Abflug nach Frankfurt hatten wir noch Zeit, die wir für einen Ausflug nach CERVETERI, in die Kultur der Etrusker nutzten. Herr Becker brachte uns über lange Gräberstraßen zur Banditaccia-Nekropole. Bezeichnend für diese Gräber ist, dass sie wichtige Hinweise über das Häuserinnere der Lebenden liefern und man sich so ein Bild von der verlorenen Wohnarchitektur der Etrusker machen kann.

Herr Becker brachte uns in ein kleines Etrusker-Museum , das Museo Nazionale Cerite Claudia Ruspoli in Czerveteri, um uns einen wunderschönen Krater zu zeigen:

Den Euphronios Krater – eine Granate ! Ca. 515 v. Chr. rotfigurig, 45 cm. hoch und 55 cm. im Durchmesser. Darstellung: Tod des Sarpedon. Und so verabschiedeten wir uns dieses Mal von der Römischen Westküste.