Tour „Römer im Alpenraum“ August 2018
Start Autobahn A 5 Frankfurt – Basel, über Aschaffenburg, Würzburg bis WEISSENBURG.
Das Römische Weißenburg gehört zum Obergermanisch-Raetischen Limes. Die Römer errichten das Kastell Biriciana, einen wichtigen Militärstützpunkt um das Jahr 90, zuerst ein Holz-Erde-Kastell und um die Mitte des 2. Jhs. ein gemauertes Steinkastell. Es umfasst 5 ha. meistenteils waren hier berittene Kohorten stationiert. Das Kastell war bis 253 belegt. Wir besuchten auch die Römischen Thermen, die unweit des Römerkastells 1977 durch Baggerarbeiten für eine Reihenhauszeile entdeckt wurden.
Im Römermuseum – einem historischen Bau der Manufakturen für Gold- und Silbertressenfabrik – dass 1820 umgebaut wurde und seit 1998 einen bemerkenswerten Museumskomplex beherbergt, sahen wir einen Schatzfund wie Reiterhelme für die Parade, Beschläge für die Pferde, Schildbuckel, Münzen, lederne Schuhreste, eine bronzene Brunnenmaske
und ganz selten, noch dazu gut erhalten, eine Bürgerrechts-Urkunde für einen Reiterveteran, der nach 25 Dienstjahren in den Ruhestand ging und jetzt heiraten durfte. Ferner konnten wir 15 bronzene Statuetten, die zum Teil dem sakralen Kontext zuzuordnen sind und vermutlich mehreren privaten kleinen Hausheiligtümern (Lararia) entstammten, bewundern. Sie repräsentieren die wichtigsten klassischen Gottheiten und Schutzgeister des römischen Götterhimmels. Die ca. 25 cm. großen Statuetten zeigen aufwändige Gravierungen, gut modellierte Körper und ausdrucksvolle Gesichter.
Eine weitere Besonderheit des Schatzfundes, die zu erwähnen ist, sind die silbernen Votivbleche. Sie waren als private Weihegaben in Tempeln bestimmt. Das Gewicht der dünnen Votivbleche beträgt zwischen 27 und 136 Gramm.
Die Motive auf den Blechen wurden eingepresst und durch freies Punzieren verziert.
Von Weißenburg fuhren wir weiter über Chiemsee auf der A 8 Richtung Salzburg und A 10 durch den 6 Kilometer langen Tauerntunnel bis Wolfsberg in Österreich.
Wir besuchten TEURNIA und waren überrascht von der Präsentation im Römermuseum und im Außenbereich . Der Siedlungshügel war bereits seit 1200 vor Chr. besiedelt, bevor die Kelten im 3. Jh. v. Chr. einwanderten. Nach der römischen Besetzung 15 v. Chr. bekam Teurnia mit seinem großen Verwaltungsbezirk 50 n. Chr. das Stadtrecht. Seit 488 war Teurnia Sitz des Militärkommandanten der Provinz Norikum. Um 610 endete mit der Einwanderung der Slawen das rege Leben in der Stadt.
In Teurnia wurde hauptsächlich norisches Eisen geschmolzen und bearbeitet. Man findet Eisenluppen, mit denen auch gehandelt wurde. Ein dazugehöriger Rennofen ist gefunden worden, ferner Schmuck, Münzen, Geräte und Werkzeuge. Wandmalereien im 3. Stil nach Mau sind nachweisbar. In der frühchristlichen Kirche befinden sich Mosaikböden aus der Zeit um 500.
Auf der A 2 Klagenfurt - Wien ging es weiter nach Maria Saal wo wir die Kirche mit ihrer prachtvollen Innenausstattung und den eingemauerten Spolien an der Kirchenaußenwand mit reliefierten Darstellungen betrachteten. Auf zwei marmorne Reliefs hat uns Herr Becker besonders hingewiesen: Das eine Relief stellt einen geschlossenen hölzernen Reisewagen (lat. carruca) dar, der zur Federung an den sogenannten Kipfen aufgehängt war, von zwei Pferden gezogen und einem Kutscher auf seinem Bock.
Das andere Relief beinhaltet eine mythologische Darstellung. Schleifung des toten Hektor durch Achilleus. Daneben Apollon.
Ein weiteres Highlight dieser Exkursion stellt unser Besuch der größten Ausgrabungsstätte des Ostalpenraums dar, des MAGDALENSBERGES. Die Römer eroberten 15 v. Chr. das keltische Königreich Noricum und die Siedlung auf dem Magdalensberg wurde die erste Hauptstadt der Provinz mit Tempel und Hallen auf dem Gipfel des Berges. Die Ausgrabungsstätte umfasst vier Hektar und zeigt wesentliche Bereiche der einstigen Stadt wie einen Tempel zu Ehren des Kaisers Augustus und der Stadtgöttin Roma, ein Handwerkerviertel, eine Marktbasilika, Badeanlagen, Stadtvillen und eine Werkstätte zur Fertigung von Metallbarren. Die Produktion von Werkzeugen aus norischem Stahl war in der römischen Welt berühmt. Eine Bildhauerwerkstatt hinterließ zahlreiche Zeugnisse ihrer Kunst, ebenso die Spezialisten, die die Wandmalereien von öffentlichen und privaten Gebäuden ausführten. Gegen 50 n. Chr. endete das rege Leben auf dem Magdalensberg mit der Gründung der Stadt Virunum auf dem Zollfeld. Erst um 1500, mit der Entdeckung der Bronzestatue des „Jünglings vom Magdalensberg“ aus der Zeit um Christi Geburt, wuchs das Interesse, die Antike wiederzuentdecken.
In der Ausstellungsfläche des Archäologischen Parks sahen wir noch einen bronzenen Greif, den Begleiter des Gottes Apollon. Ferner rekonstruierte Wandmalereien, die der pompejanischen Malerei des 1.- 4. Stils nach Mau entspricht, Mühlsteine für die Handmühlen, Gussformen für Metallbarren mit Kaiserinschriften. Fussboden- und Wannenheizung (Hypokaustum) erklärt die Verlegung von Bleirohren in verschiedenen Gebäuden.
Einige Stunden verbrachten wir mit einem Spaziergang durch KLAGENFURT um zum nächsten Exkursionspunkt in GRAZ zu kommen. Das Archäologische Nationalmuseum Schloss Eggenberg beherbergt eine weltweit einzigartige Attraktion: Den Kultwagen von Strettweg aus dem 7. Jh. v. Chr., einer Grabbeigabe aus der Hallstattzeit und den Silberbecher von Grünau mit goldenem Innenfutter einer der wertvollsten römerzeitlichen Funde aus der heutigen Steiermark.
Ferner zwei Brustpanzer aus Bronze, Zisten aus dem Neolitikum und Pfeilspitzen u.v.m. Eine gut erhaltene drei Meter hohe römische Grabstele des L. Cantius Secundus um 100 n. Chr., ist als Blickfang in der Halle aufgestellt. An einer Außenmauer des Schlosses SEGGAU waren eine Menge Römersteine eingemauert. Es sollen zwischen 300 bis 400 Steine sein, die sich im Lapidarium befinden und manche, die noch gut zu entziffern waren, wurden mit Hilfe von Herrn Becker, übersetzt.
Zur Stärkung wurden wir zu einer Weinprobe ins Schloss Seggau geladen.
Während einer Stadtführung durch die Grazer Innenstadt wurde uns die Grazer Zwillingswendeltreppe in der Grazer Burg, die von 1499 bis 1500 von einem unbekannten Baumeister in der Regierungszeit von Maximilian I errichtet wurde, vorgestellt. Die „Versöhnungsstiege“ besteht aus zwei gegenläufigen Treppen, die auf jedem Stockwerk kurz verschmelzen, sich trennen und wieder zusammenkommen.
Der Grazer Schlossberg ist ein wuchtiger Fels aus Dolomitgestein auf den wir zum Bergplateau mit der Schlossbergbahn gelangten, eine einzigartige Aussicht und eine kleine Verköstigung genossen.
Mitte des 16. Jhs. wurde Graz mit neuen Stadtmauern und einer 400 m langen Festung auf dem Schlossberg ausgestattet. Niemand nahm die Festung ein. Auch nicht Napoleon. Doch verlangte er nach einem Sieg über die Habsburger 1809 die Schleifung der Festung.
Von unserem neuen Domizil in Toplice/ Slowenien, Rimske Terme, mit einer großen Bäderlandschaft, starteten wir nach Ljubljana zum National Museum. Hier wurde uns das älteste Musikinstrument der Welt präsentiert: Eine Flöte, 60.000 Jahre alt, hergestellt aus dem Hinterbein eines Höhlenbären. Ferner fanden wir Randleistenbeile, Schwerter, Langschwerter, Brustharnisch, Eisenluppen, Helme, Fiebeln, Münzen, Schleuderbleie (glandes) Pilapitzen, Schmuck aus Gold, Bernsteinkugeln, Rippengläser, Kämme. Das Highlight dieses Archäologischen Museums war die Situla von Voce und eine lebensgroße Statue eines jungen Mannes mit der Toga in vergoldeter Bronze, der der Haartracht nach zu urteilen, aus dem Zeitalter Trajans entstammte.
Der nächste Ausflug von Toplice galt CELJE, der unter den Kelten ca. 400 v. Chr. Kelea genannte wurde und Teil des sich um 200 v. Chr. gebildeten keltischen Königreiches Noricum war. Ab Kaiser Claudius (41-54) wurde Celeia 46 n. Chr. zum Municipium erhoben und erhielt lateinisches Stadtrecht. Celeia lag an einer Römerstraße von Aquileia nach Pannonien, der Ostroute der Bernsteinstraße und galt als wohlhabend und dicht besiedelte Handels- und Handwerkerstatt. Im 2. Jh. n. Chr. wurden Wehrwände von 6-7 m Dicke und bis zu 15 m Höhe errichtet. Die Türme sollen eine Höhe von 20 Metern gehabt haben.
In der Nähe von Celje, ca. 12 km entfernt, entdeckte man nach dem 2. Weltkrieg eine römische Nekropole, St. Peter im Sanntal, die wir besuchten. Die Grabmäler sind meistens Pfeiler- und Baldachingräber. Wohlhabende Familien ließen sich auf diese Art und Weise bestatten.
TRIEST, eine in Norditalien am Golf von Triest gelegene Hafenstadt, die lateinisch Tergeste hieß, besuchten wir nur kurz, um das Theater aus der Zeit Trajans (98-117 n. Chr.) zu sehen. Unsere Fahrt ging weiter in nordöstlicher Richtung nach AQUILEIA. Bis ins hohe Mittelalter war die Stadt wichtiger Knotenpunkt zu Wasser und zu Land. Die Handelsmetropole wurde erste Hauptstadt der römischen Region X Regio Augustea – „Venetia et Histria“. Plinius d. Ä. berichtet, dass Bernstein von der Ostsee bis nach Aquileia transportiert wurde. Glas und Eisen wurden hier hergestellt, ebenso Amphoren.
Unter dem Consul Spurius Postumius Albinus Magnus wurde 148 vor Chr. die Via Postumia gebaut, die von Genua nach Cremona und einer Verlängerung mit der ersten Brücke über die Etsch bis nach Aquileia führte. Zu jener Zeit wurden viele Straßen gebaut, in die Aquileia mit eingebunden war. Ferner war die günstige Lage der Stadt am Meer und am kanalisierten Fluss Natissa für die Handelswege ein Vorteil.
Am Nachmittag besuchten wir zuerst den Sepolcreto (Grabgarten) und dann die Ausgrabungsstätten den Flusshafen und das Forum. Im Garten vor dem Eingang des Museo Archeologico Nazionale waren kleine baugleiche Steinossuarien zu einer Pyramide aufgetürmt. Im Museum sind schöne tondi aus Kalkstein ausgestellt, Skulpturen und Büsten. Ein Relief ist besonders zu beschreiben: Es stellt einen Schmied bei der Arbeit dar und im Hintergrund ist sein Werkzeug zu sehen. Ferner sind in den Vitrinen des Museums ausgestellt: Löffel, Kämme, Spielsteine, Würfel aus Knochen oder Elfenbein, Bernsteinschnitzereien, etwas Goldschmuck, Gefäße aus terra sigillata. Das Museum besitzt ein großes Lapidarium.
Die romanisch gotische Basilika zu Aquileia weist wunderbare Fußbodenmosaiken über den gesamten Kircheninnenraum auf. Die Wände sind in einer Höhe bis zu einem Meter mit Fresken verziert. Decken und Wände der Krypta sind mit Fresken christlicher Motive bedeckt.
Bereits auf dem Heimweg statteten wir AGUNTUM , einer römischen Siedlung, die unter Kaiser Claudius im 1. Jh. n. Chr. zur Stadt erhoben wurde, einen Besuch ab. Der Archäologische Park umfasst eine Grabungsfläche von 30.000 m². Aguntum war das Wirtschafts-, Verkehrs- und Verwaltungszentrum welches das heutige Osttirol umfasste. Gehandelt wurde mit Eisen, Kupfer, Silber und Gold, Bergkristalle, Holz, Harz, Vieh und Käse. Ein Qualitätsprodukt war im römerzeitlichen Österreich das besonders harte norische Eisen (ferrum noricum). Aus dem Süden wurden Luxusartikel wie Olivenöl, Wein, Purpurschnecken und Austern importiert.
Das nach modernen Gesichtspunkten ausgestattete Museum beherbergt norische Grabreliefs, eine Kopie der Tabula Peutingeriana, Terra Sigillata, Gläser auch solche mit Schlangenfaden, Kleinfunde aus Metall u.v.m.
Die Rückfahrt in Richtung Bad Aibling über den Felbertauernpass in über eintausend Metern Höhe war für uns Reiseteilnehmer eine angenehme Panoramafahrt.
Wir freuen uns schon auf die nächste Exkursion mit Mario Becker im September
zur Römischen Westküste mit dem Besuch von Ostia, wo uns viel römische Vergangenheit gezeigt werden wird.
Sämtliche Fotos von Dietrich Milde